Klassik

»Beethoven macht uns Mut für die Zukunft«

Daniel Barenboim Foto: imago/Future Image

Daniel Barenboim (78), Dirigent und Pianist, betrachtet die Musik Ludwig van Beethovens als einzigartig. Der Komponist habe mit seinem Werk voller Kraft und Innigkeit nicht nur für seine Zeit geschrieben, »sondern für die Ewigkeit«, sagte er am Mittwoch vor Journalisten in Bonn. »Wenn wir in 50 Jahren noch ein musikalisches Leben haben, werden wir bestimmt noch Beethoven spielen.«

Barenboim dirigiert am Donnerstag das Jubiläumskonzert zu Beethovens 250. Geburtstag mit dem West-Eastern Divan Orchester. Auf dem Programm des aus der Bonner Oper übertragenen Konzerts stehen die Sinfonie Nummer 5 »Schicksalssinfonie« und das dritte Klavierkonzert von Beethoven (1770-1827).

»Eines ist klar: Die Musik von Beethoven hat mit Mut zu tun.«

»Eines ist klar: Die Musik von Beethoven hat mit Mut zu tun«, betonte Barenboim. Ob die »Fünfte«, deren Beiname nicht vom Komponisten stammt, nun mit Schicksal zu tun habe oder nicht: Beethoven habe sich beim Komponieren der Technik des »subito piano« bedient, des plötzlichen Piano: »Das heißt, es gibt eine Steigerung, man geht bis zur Kante, und im letzten Moment hält man an. Dafür braucht man sehr viel Mut, auch als Musiker, an die Kante zu gehen und nicht zu fallen«, sagte der Dirigent. »Ich glaube, ein bisschen Mut für unsere gemeinsame Zukunft wäre nicht schlecht.«

Derzeit seien die Zeiten durch die Pandemie schwer, »fast für alle und für alles«, so der berühmte Dirigent. In seiner Umgebung nehme er »eine Spannung und einen Mangel an Heiterkeit« wahr. »Das kann nur psychologisch einen negativen Effekt haben«, so Barenboim.

Umso wichtiger sei ihm das Jubiläumskonzert, da man mit der Kultur Menschen erreichen könne, so der gebürtige Argentinier, der seine Jugend in Israel verbrachte. Europa habe der Welt über Jahrhunderte Kultur gegeben. Deutschland habe dabei eine führende Rolle etwa mit Heine, Schiller, Kant, Schopenhauer, Brahms, Beethoven, Wagner. »Deswegen haben wir eine Verantwortung dafür.«

»Der Zeitgeist von heute ist fast eine geistlose Zeit.«

Doch seit etwa 15 bis 20 Jahren erlebe die Kultur eine Abwertung. »Kultur ist ein billiges Wort geworden. Es wird benutzt für tausend Dinge.« Das Interesse an technologischen Entwicklungen, an künstlicher Intelligenz, an Klimaschutz sei gewachsen, »was absolut notwendig ist, ich kritisiere das nicht«.

Dennoch: »Der Zeitgeist von heute ist fast eine geistlose Zeit«, sagte Barenboim. »Wir kümmern uns viel zu viel darum, wie die Sachen aussehen.« Es bestehe die Gefahr, dass Äußerlichkeiten wichtiger als der Inhalt würden. kna

Bonn

Beethoven-Haus zeigt Ausstellung zu Leonard Bernstein

Die lebenslange Beschäftigung des Ausnahmetalents mit Beethoven wird dokumentiert

 25.04.2024

Potsdam

Chronist der neuen Weiblichkeit

Das Museum Barberini zeigt Modiglianis Menschenbilder in neuem Licht

von Sigrid Hoff  25.04.2024

München

Ausstellung zeigt Münchner Juden im Porträt

Bilder von Franz von Lenbach und anderen sind zu sehen

 25.04.2024

Wien

Spätwerk von Gustav Klimt für 30 Millionen Euro versteigert

Der Künstler malte das »Bildnis Fräulein Lieser« kurz vor seinem Tod

 25.04.2024

Los Angeles

Barbra Streisand: Lovesong als Zeichen gegen Antisemitismus

Für die Serie »The Tattooist of Auschwitz« singt sie das Lied »Love Will Survive«

 25.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024