Finale

Ayalas Welt

Mein Mann, der in Sachsen geboren ist, erinnert sich noch gut an die sprichwörtlichen vier größten Feinde des Sozialismus: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Der schlimmste war eindeutig der Winter. In der eisigen Jahreszeit saßen DDR-Bewohner nicht selten stundenlang in der ungeheizten Reichsbahn fest, wenn mal wieder Schienen wegen Materialermüdung gebrochen waren.

schnee Mehr als 20 Jahre nach dem Fall der Mauer hat die S-Bahn in Berlin heute dieselben Feinde wie einst die DDR. Überfüllte Züge, fehlende Wagen und ein ausgedünnter Fahrplan (Folgen des Sparwahns der Deutschen Bahn, der die Berliner S-Bahn gehört) standen schon im Frühjahr auf der Tagesordnung. Nun, bei Schnee und Eis, ist alles noch schöner: Neulich habe ich mich nach langem Warten (wegen vereister Weichen) und x-maligem Umsteigen (Pendelverkehr) in einen Waggon der S-Bahn gequetscht. Leider waren am Zielbahnhof die Türen vereist. Also fuhr ich wieder zurück.

Weil das andauernde Chaos im Nahverkehr sogar den abgebrühten Hauptstädtern zu viel wird, setzt die S-Bahn seit einiger Zeit auf »Wiedergutmachung«: Abonnenten von Jahreskarten dürfen im November und Dezember umsonst fahren. Aber die S-Bahn wäre nicht die S-Bahn, wenn das immer klappen würde. Eine Kollegin hat mir von einem Brief erzählt, den sie neulich bekam. Darin hieß es, man könne ihr die Entschädigung derzeit nicht gutschreiben, weil die Software, die dafür eingesetzt werde, bedauerlicherweise nicht funktioniere.

feuer Auch auf den Berliner Flughäfen führte der Winter zu Verspätungen, weil die Fluggesellschaften nicht genügend Enteisungsmittel gebunkert hatten. Meine Schwester hat trotzdem den Abflug gemacht und sitzt jetzt in Tel Aviv, wo es gerade in Strömen regnet. Ich hätte ihr besseres Urlaubswetter gegönnt; außerdem finde ich, dass der Regen ein paar Wochen früher hätte kommen können, um die Waldbrände im Norden zu löschen. Die israelische Feuerwehr war damit nämlich überfordert. Neulich bekam ich eine E-Mail, in der deshalb zu Spenden für Zions Brandbekämpfer aufgerufen wurde. Ihre Ausstattung sei unzureichend und vielfach veraltet: »Beispielsweise gibt es im ganzen Land nur 25 Feuerwehrleitern überhaupt, und nur eine einzige ist länger als 44 Meter.« Deshalb produzieren jetzt ein paar Modedesigner »im Geist der biblischen Jakobsleiter« T-Shirts, aus deren Verkaufserlös die Feuerwehr sich neue Leitern kaufen soll.

Vielleicht liest das jetzt jemand bei der Berliner S-Bahn und kommt auf die Idee, es nachzumachen. Ich glaube aber nicht, dass es funktionieren würde. Geld für den Not leidenden Schienenverkehr spenden wir gezwungenermaßen auch so schon reichlich. Gerade hat die Bahn ihre Fahrpreise mal wieder erhöht.

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Wieder hat sich Regisseur Philipp Stölzl kräftig vom Bestseller-Autor Noah Gordon anregen lassen

von Peter Claus  19.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  18.12.2025