Hightech

Aus Erfahrung gut

Foto: Montage Clara Wischnewski

Hightech

Aus Erfahrung gut

Apple lässt seinen ersten Künstliche-Intelligenz-Chip im israelischen Herzliya entwickeln

von Ralf Balke  27.05.2025 16:14 Uhr

Die Gerüchte haben sich längst verdichtet: Apple wird seinen ersten eigenen Künstliche-Intelligenz-Spezialchip offenbar in Israel entwickeln lassen. Das jedenfalls hat bereits vor Wochen »The Information« vermeldet, ein in San Francisco beheimateter Online-Newsletter, der in der Hightech-Welt zu einer der bestinformiertesten Brancheninsider-Plattformen zählt. Schon länger wurde darüber spekuliert, ob und wie der IT-Gigant in die Produktion von KI-Spezialprozessoren einsteigt, was Kennern der Szene nur als logisch erscheint.

Denn in den vergangenen Jahren hatte sich Apple von seinen Zulieferern wie Intel oder AMD weitestgehend emanzipiert und mit selbst entwickelten Prozessoren für seine iPhones, iPads und iMacs für Furore gesorgt. Wie das »Wall Street Journal« im Frühjahr 2024 berichtete, soll das Unternehmen unter dem Codenamen »ACDC«, was an die gleichnamige australische Hardrock-Band erinnert, aber in diesem Fall für »Apple Chips in Data Center« steht, bereits seit einigen Jahren an entsprechenden KI-Spezialchips für große Rechenzentren arbeiten.

Dafür habe man sich eigens mit dem taiwanesischen Chip-Hersteller TSMC zusammengetan, der für die spätere Produktion zuständig sein soll. Doch Details dazu wollte Apple nie herausrücken. Nur so viel weiß man: Der Gigant will damit sein Angebot von Cloud-basierten KI-Dienstleistungen ausbauen.

Herzliya Pituach gilt als Herzstück von Israels Silicon Wadi

Nun aber ist von einem KI-Serverchip die Rede, der unter der dem Projektnamen »Baltra« in Apples Forschungs- und Entwicklungszentrum im nördlich von Tel Aviv gelegenen Herzliya Pituach, das als Herzstück von Israels Silicon Wadi gilt, konzipiert werden soll. Federführend dabei wäre laut »The Information« dasselbe Team von Experten, das bereits die Mac-Chips entwickelt hatte, die seit 2020 sukzessiv die Intel-Prozessoren ersetzen sollten.

Eigentlich wollte man die Israelis dafür einspannen, einen weiteren neuen Hochleistungs-Chip für Mac-Rechner auszutüfteln. Apple hatte dieses Projekt jedoch im Sommer 2024 auf Eis gelegt, weil aktuell die KI-Spezialchips Vorrang haben sollen. Man hofft, dass der Prozessor 2026 fertig sein wird und in die Produktion gehen kann.

Apple profitiert in Israel gerade von der Schwäche des alten Platzhirschs Intel.

»Die Entscheidung, das israelische Team, das eine Schlüsselrolle bei Apples erfolgreichem Übergang von Intel zu hauseigenen Mac-Chips spielte, mit diesem Projekt zu beauftragen, zeigt das anhaltende Vertrauen des Unternehmens in sein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Herzliya«, schreibt dazu die israelische Wirtschaftszeitung »Calcalist«. Von dem Unternehmen selbst gab es bisher keine Stellungnahmen oder Pressemitteilungen. Man hält sich – wie so oft bei Apple – lieber bedeckt.

Dabei ist es gar nicht einmal so lange her, dass Apple sein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Herzliya eröffnete, übrigens neben denen in Haifa und in Raanana das dritte in Israel. Das war im Jahr 2015, und Apple-Boss Tim Cook war eigens dafür aus den Vereinigten Staaten angereist. »Wir bewundern Israel nicht nur als einen großen Verbündeten der USA, sondern auch als einen Ort, an dem man Geschäfte machen kann«, erklärte er bei einem Treffen mit dem damaligen Staatspräsidenten Reuven Rivlin. Über 2000 Mitarbeiter zählt das Unternehmen aus Cupertino mittlerweile in Israel.

Auch der Senior Vice President für Hardwaretechnologien bei Apple, Johny Srouji, stammt aus Israel. Er ist ein arabischer Christ und wurde 1964 in Haifa geboren, wo er auch seine Ausbildung an der Hightech-Elite-Schmiede Technion absolvierte. Laut Berichten ist Srouji derjenige, der die Apple-interne Revolution, also den Schritt hin zu selbst entwickelten Chips, ausgelöst haben soll.

Die Konkurrenz schläft nicht und zeigt ebenfalls vor Ort Flagge

Aber die Konkurrenz schläft nicht und zeigt ebenfalls vor Ort Flagge. Der Chipkonzern Nvidia, der Apple den Rang als wertvollstes Unternehmen der Welt gerade streitig macht, zählt sogar 4000 Mitarbeiter in Israel. Und für 700 Millionen Dollar erwarb Nvidia gerade erst das israelische Start-up Run:ai, dessen Innovationen dabei helfen sollen, KI-Anwendungen effizienter auszuführen.

Dabei profitieren sowohl Apple als auch Nvidia von der Schwäche von Intel, dem alten Platzhirschen unter den Prozessorherstellern, der gerade weltweit Tausende Mitarbeiter entlassen muss, und das auch in Israel. Die konnten jetzt gehalts- und bonustechnisch ein »Upgrade« machen, wie es die Wirtschaftszeitung »Globes« formulierte, und heuerten reihenweise bei Apple und Nvidia an. Dort kann man sie gut gebrauchen, auch für die Entwicklung des neuen KI-Spezialchips in Herzliya.

Auch ein weiterer Gigant scheint sich nach Talenten umzuschauen. Wie Globes Anfang März meldete, wäre Google jetzt ebenfalls am Start, um in Israel einen KI-Chip für besondere Aufgaben zu entwickeln. Laut LinkedIn beschäftigt das Unternehmen derzeit bereits 140 Elektro- und Softwareingenieure in Haifa und Tel Aviv. Offensichtlich will Google expandieren. So heißt es weiter, dass man Dutzende weiterer Fachkräfte einstelle, die genau das leisten sollen.

Bemerkenswerterweise geschieht all das vor dem Hintergrund einer ganz anderen Entwicklung: Mitte Januar, in den letzten Tagen der Präsidentschaft von Joe Biden, hatten die Vereinigten Staaten den Export von KI-Chips neu geregelt, sprich stark eingeschränkt. Das betrifft ebenfalls Israel, das nun Probleme haben könnte, Spezialprozessoren zu erwerben, die mitunter im eigenen Land entwickelt wurden.

Das Thema war auch Gegenstand bei Gesprächen zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Bidens Nachfolger im Amt, Donald Trump, in Washington. Doch bis dato gibt es keine Anzeichen dafür, dass seine Administration an dieser für Israel nachteiligen Politik rüttelt.

Kooperation

Ein Algorithmus für alles

Forscher der Ben-Gurion-Universität für Cybersicherheit und Biologie kombinieren Analysen von Proteinen und sozialen Netzwerken

von Sabine Brandes  28.05.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 30. Mai bis zum 12. Juni

 28.05.2025

Bildung

Jüdisches Museum tourt durch Sachsen-Anhalt

Die mobile Ausstellung wolle einen anderen Blick auf die deutsche Geschichte und jüdische Kultur eröffnen, so Museumsleiterin Hetty Berg

 28.05.2025

150. Geburtstag

Einseitige Freundschaft: Thomas Mann und Ida Herz im Briefwechsel

150 Jahre nach seiner Geburt wird Thomas Mann noch gelesen. Ein Buch dokumentiert jetzt seinen Briefwechsel mit der jüdischen Buchhändlerin Ida Herz - die in seinen Tagebüchern Unfreundliches über sich lesen musste

von Nina Schmedding  28.05.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  27.05.2025

Zahl der Woche

50.000 Menschen

Fun Facts und Wissenswertes

 27.05.2025

Nachlese aus Cannes

Inspiriert von jüdischen Wurzeln

Bei den Internationalen Filmfestspielen präsentierte Scarlett Johansson ihr Regiedebüt. Außer Konkurrenz lief der neue Film von Rebecca Zlotowski

von Patrick Heidmann  27.05.2025

Interview

»Es findet ein Genozid statt« – »Israel muss sich gegen den Terror der Hamas wehren«

Henryk M. Broder und Hamed Abdel-Samad über ihre langjährige Freundschaft, was sie verbindet – und was sie nach dem 7. Oktober 2023 trennt

von Philipp Peyman Engel  27.05.2025

Ausstellung

Holocaust-Überlebender:»Man schämt sich nicht mehr, ›Du Saujude‹ zu sagen«

Antisemitische Kinderbuchillustrationen oder Postkarten: Eine Ausstellung an der TU Berlin zeigt die Entwicklung von antisemitischen Stereotypen durch die Jahrhunderte - und zieht die Verbindung zur Gegenwart

von Nina Schmedding  27.05.2025