Theater

Auf der Suche nach Erlösung

Solo-Performance: Edgar Selge in Houellebecqs »Unterwerfung« Foto: dpa

Mit großem Erfolg fand am Samstagabend im Schauspielhaus Hamburg die Deutschlandpremiere von Michel Houellebecqs Roman Unterwerfung statt. Rund 1200 Zuschauer sahen die Inszenierung von Regisseurin Karin Beier mit Edgar Selge in der Rolle des orientierungslosen Intellektuellen auf der Suche nach Erlösung an – und reagierten mit minutenlangen stehenden Ovationen.

Auch die Kritiken des dreistündigen Ein-Personen-Stücks fallen bislang positiv aus. Das Theaterportal www.nachtkritik.de lobt die Bühnenadaption der viel diskutierten Utopie, die im Frankreich des Jahres 2022 spielt und den wachsenden Einfluss der Islamisierung in Europa zum Thema hat, als »atemberaubende Solo-Performance für Edgar Selge«. Der Theaterkritikerin des NDR schrieb vorab: »Mit Edgar Selge, diesem großartigen und sprachgenauen Schauspieler, hat Karin Beier einen kongenialen Partner gefunden.«

skandalroman Der Anfang 2015 veröffentlichte Skandalroman von Michel Houellebecq erzählt die Geschichte des ebenso einsamen wie verzweifelten Literaturwissenschaftlers François, der ein tristes Dasein als Melancholiker in einer Hochhauswohnung des 13. Pariser Arrondissement führt.

Er interessiert sich, sexuell frustriert, vornehmlich für die Kürze der Röcke seiner Studentinnen aus dem zweiten Semester und gibt sich ansonsten der Langeweile und dem Überdrussgefühl seiner Einsamkeit hin – bis er sich, wie der Großteils Frankreichs, zum Islam hinwendet.

Zugleich verfolgt François die Ereignisse um die anstehende Präsidentschaftswahl: Während es dem Kandidaten der Bruderschaft der Muslime gelingt, immer mehr Stimmen zu gewinnen, kommt es in der Hauptstadt zu tumultartigen Ausschreitungen. Als schließlich ein Bürgerkrieg unabwendbar scheint, verlässt François Paris ohne ein bestimmtes Ziel. Es ist der Beginn einer Reise in sein Inneres.

israel Dass seine muslimische Bruderschaft auch dafür sorgt, dass der an seiner Dekadenz leidende Professor François unter dem grünen Banner des Propheten nun ein dreifaches Gehalt bezieht und sich dank der islamischen Vielehe mit drei jungen Frauen begnügen kann, nachdem seine jüdische Geliebte Myriam vor den neuen Verhältnissen nach Israel geflüchtet ist, gehört zu den vielen hübschen Überzeichnungen dieses Romans.

Das Buch von Houellebecq hatte nach seiner Veröffentlichung für viel Aufsehen und Kontroversen gesorgt. Es erschien am selben Tag, an dem islamistische Terroristen einen Anschlag auf die französische Satirezeitschrift »Charlie Hebdo« verübten. Mit seiner Beschreibung der sich unversöhnlich gegenüberstehenden Muslimen auf der einen Seite und nichtmuslimischen Franzosen auf der anderen Seite liest sich Unterwerfung wie eine Vorwegnahme der gegenwärtigen politischen Situation in Frankreich.

Lesen Sie einen ausführlichen Bericht über die Uraufführung in unserer Ausgabe am Donnerstag.

Österreich

Neue Direktorin für das Jüdische Museum Hohenems

Historikerin Irene Aue-Ben-David übernimmt die Leitung und bringt internationale Erfahrung aus Jerusalem mit

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Basel

Mann wollte Juden während des ESC angreifen

Kurz vor dem »Eurovision Song Contest« in der Schweiz wurde ein 25-Jähriger wegen konkreter Gewaltdrohungen festgenommen und ausgewiesen

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Berlin

Umstrittene 88: Der schwierige Umgang mit rechten Codes

Im Berliner Fußball sorgt die Debatte um die Rückennummer 88 und dem Hitler-Bezug für Kontroversen. Warum das Verbot erneut scheiterte und wie der Fußball insgesamt mit rechtsextremen Codes umgeht

von David Langenbein, Gerald Fritsche, Jana Glose  16.12.2025

Wien

ESC 2026: ORF will israelfeindliche Proteste nicht ausblenden

Die Debatte und der Boykott einzelner Länder wegen der Teilnahme Israels haben den ESC 2026 bisher überschattet. Auch beim Event im Mai selbst drohen Proteste. Wie geht der ORF damit um?

 16.12.2025

Washington D.C.

Trump sorgt mit Angriffen auf ermordeten Rob Reiner für Empörung

Der jüdische Regisseur sei an einem »Trump-Verblendungssyndrom« gestorben, schreibt der Präsident. Dafür erntet er seltene Kritik aus den eigenen Reihen

 16.12.2025

Nachruf

Filmproduzent mit Werten

Respektvoll, geduldig, präzise: eine Würdigung des sechsfachen Oscar-Preisträgers Arthur Cohn

von Pierre Rothschild  15.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Los Angeles

Bestürzung über Tod von Rob Reiner und Ehefrau Michele

Der jüdische Regisseur und seine Frau wurden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei behandelt den Fall als mögliches Tötungsdelikt

 15.12.2025

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025