Tel Aviv

Abschied von Yoram Kaniuk

Yoram Kaniuk (M.) bei den Protesten auf dem Tel Aviver Rothschild-Boulevard gemeinsam mit der Schriftstellerin Shulamit Aloni (l.) und dem Aktivisten Uri Avner (r.) Foto: Flash90

Ein Konformist war er nie. Wie erst Samstagabend bekannt wurde, verstarb Yoram Kaniuk, einer der berühmtesten Schriftsteller Israels, bereits am Freitag in seiner Heimatstadt Tel Aviv. Nach langen Jahren hatte er den Kampf gegen den Krebs verloren. Kaniuk wurde 83 Jahre alt.

Geboren wurde er am 2. Mai 1930 in Tel Aviv. Sein Vater Mosche, persönlicher Sekretär des ersten Bürgermeisters der Stadt, Meir Dizengoff, führte den Jungen ins vibrierende kulturelle Leben ein. Doch er lernte auch früh die harte Realität des Nahen Ostens kennen. Kämpfte mit gerade einmal 18 Jahren in Israels Unabhängigkeitskrieg. Diese Erlebnisse inspirierten seine späteren Werke stark.

Adam Hundesohn Dennoch dauerte es eine Zeit, bis er in seinem eigenen Land die Anerkennung bekam, die ihm lange zuvor im Ausland geschenkt wurde. Für viele war er anfangs zu wild, zu wenig romantisch. Zu seinen bekanntesten Werken gehören: »Wilde Heimkehr«, »Adam Hundesohn« und »Der letzte Jude«.

Später gewann er in Israel die wichtigsten literarischen Preise, darunter den Sapir- und den Bialik-Preis sowie die literarische Auszeichnung des Präsidenten und wurde besonders von der jüngeren Generation geschätzt und geliebt. Er sagte einmal über sich selbst: »Ich bin nicht euer Schriftsteller – ich bin meiner. Ich bin nie den geraden Weg entlanggegangen, denn ich habe ihn nie gefunden.«

Auch politisch mischte er sich ein. Kaniuk war mit Miranda verheiratet, einer Nichtjüdin, die er während seines zehnjährigen Aufenthaltes in den USA kennengelernt hatte, wo er als Maler arbeitete und seine Bilder verkaufte. Später kehrte er mit seiner Ehefrau und den zwei Kindern in die Heimat zurück. Als seine Enkelkinder vom israelischen Innenministerium als »religionslos« registriert wurden, stritt er sich so lange mit den Behörden, bis auch in seinem eigenen Personalausweis dieser Status eingetragen wurde.

Wissenschaft Ganz Nichtkonformist hatte er sich schon vor seinem Tod von einem Begräbnis distanziert. Stattdessen spendete er seine sterblichen Überreste der Wissenschaft. »In meinem Kopf bekomme ich so noch einige Jahre hinzu, wenn die jungen Ärzte dabei lernen. Und es kommt meinen Nachfahren zugute«, erklärte er seine Entscheidung.

Viele Intellektuelle und Politiker des Landes äußerten ihre Trauer über den Tod des mutigen Querdenkers. Oppositionsführerin Schelly Jachimowitsch sagte: »Ich bin so traurig darüber. Yoram Kaniuk war enttäuscht von unserem Land. Und er konnte dennoch nicht aufhören, es zu lieben.«

Interview

»Die Zeit der Exzesse ist vorbei«

In ihrem neuen Buch »Glamour« setzt sich die Berliner Autorin Ute Cohen mit Schönheit und Eleganz auseinander. Dabei spielt auch Magie eine Rolle - und der Mut, sich selbst in einer »Zwischenwelt« inszenieren zu wollen

von Stefan Meetschen  17.12.2025 Aktualisiert

Potsdam

Kontroverse um Anne-Frank-Bild mit Kufiya

Ein Porträt von Anne Frank mit Palästinensertuch in einem Potsdamer Museum entfacht Streit. Während Kritiker darin antisemitische Tendenzen sehen, verteidigt das Museum das Bild. Die Hintergründe

von Monika Wendel  17.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Nachruf

Albtraum in der Traumfabrik

Eine Familientragödie hat den Hollywood-Riesen und seine Frau aus dem Leben gerissen. An Rob Reiners Filmen voller Menschenliebe wie »Harry und Sally« ist eine ganze Generation mitgewachsen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.12.2025

Theater

Die Krise des Schlemihl

»Sabotage« von Yael Ronen ist ein witziger Abend über einen Juden, der sich ständig für den Gaza-Krieg rechtfertigen muss

von Stephen Tree  17.12.2025

Forum

Leserbriefe

Kommentare und Meinungen zu aktuellen Themen der Jüdischen Allgemeinen

 17.12.2025

Zahl der Woche

30 Minuten

Fun Facts und Wissenswertes

 17.12.2025

Musik

Großes Konzert: Xavier Naidoo startete Tournee

Die Synagogen-Gemeinde Köln kritisiert: »Gerade in einer Zeit zunehmender antisemitischer Vorfälle ist es problematisch, Herrn Naidoo eine Bühne zu bieten«

 17.12.2025

"Imanuels Interpreten" (16)

Ethel Lindsey: Queer und funky

Die Französin mit israelischen Wurzeln bringt mit ihrem Debütalbum »Pretty Close« die 70er-Jahre zurück

von Imanuel Marcus  17.12.2025