Wissenschaft

50 Jahre Berliner Judaistik

Talmudbücher Foto: dpa

Es war ein bewusst gesetztes, nicht nur wissenschaftliches, sondern auch politisches und gesellschaftliches Zeichen: 1963 beschloss die Freie Universität Berlin die Eröffnung eines Instituts für Judaistik, des ersten in Deutschland nach der Schoa. Im Sommersemester 1964 nahm das Institut seinen Lehrbetrieb auf. In dieser Woche feiert es sein 50-jähriges Bestehen.

Ein Name stand von Beginn an für die wissenschaftliche Bedeutung des Instituts: Jacob Taubes (1923–1987). Der Spross einer Rabbinerdynastie wurde zum Gründungsleiter berufen. Taubes hatte zuvor an der Hebräischen Universität Jerusalem, in Harvard, Princeton und an der Columbia University gearbeitet; Karl Barth, Gershom Scholem und Leo Strauss gehörten zu seinen Lehrern.

Der Philosoph, Historiker und Soziologe, dessen Interessen weit über den Rahmen der Judaistik hinausgingen, brachte sich aktiv in die großen wissenschaftlichen und politischen Debatten der 60er-Jahre ein. Nach Taubes’ Tod 1987 folgten ihm in der Institutsleitung Marianne Awerbuch (1987–1982), Peter Schäfer (1983–2003), Michael Brocke (1988–1996) und Joseph Dan (1993– 2003) nach. Derzeit leitet als geschäftsführender Direktor der Historiker Giulio Busi das Institut.

festakt Zu den aktuellen Forschungsprojekten der Berliner Judaisten zählt eine Sammlung ägyptischer Texte über Juden und Judentum aus der Zeit zwischen 330 v.d.Z. bis 700 n.d.Z. unter Leitung der Altertumsforscherin Tal Ilan. Die Israelin arbeitet auch an einem »feministischen Kommentar zum Babylonischen Talmud«.

Das von der Deutschen Forschungsgesellschaft geförderte Projekt will, so Tal Ilan, »eine Kritik aller Institutionen und etablierter Machtzentren, sowohl säkularer wie religiöser Art sein, um die hierarchischen und androzentrischen Strukturen im Babylonischen Talmud offenzulegen«. Ein weiteres aktuelles Forschungsvorhaben des Instituts befasst sich mit den Kabbalastudien des italienischen Humanisten Giovanni Pico della Mirandola (1463–1494).

Dazu kommt in Zusammenarbeit mit dem Visual History Archive an der FU und dem sportwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam ein seit September 2008 laufendes Schulprojekt »History und Oral History. Jüdisches Leben in Berlin«, das sich der schulischen Vermittlung jüdischen Lebens in Deutschland vor und nach dem Holocaust widmet.

Seine 50 Jahre Forschung und Lehre begeht das Institut am Dienstag mit einer Festveranstaltung, deren Ehrengast David Grossman sein wird. Der israelische Schriftsteller spricht mit Institutsdirektor Busi über »Israelische Literatur heute«. mjw

www.geschkult.fu-berlin.de/e/judaistik

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert