Judenverfolgung in Italien

Zuflucht vor den Nazis in kirchlichen Häusern Roms

In einem Archiv in Rom wurde eine bisher nicht publizierte Dokumentation über Flüchtlinge gefunden, die sich in kirchlichen Häusern der italienischen Hauptstadt vor den Nazis versteckten. Rom war vom 10. September 1943 bis zum 4. Juni 1944 von der Wehrmacht besetzt.

Bei den Flüchtlingen, die aufgrund ihrer Verfolgung durch Nazi-Deutschland Zuflucht suchten, handelte es sich vorwiegend um Juden. Die Anzahl der auf diese Weise geschützten Personen wurde mit 4300 angegeben. Von ihnen sind 3600 namentlich bekannt, von denen wiederum etwa 3200 mit Sicherheit Juden waren. Dies geht aus einer Mitteilung des Päpstlichen Bibelinstituts, der Jüdischen Gemeinde von Rom und Yad Vashem hervor.

Verschollen und wiederentdeckt Bereits vor 62 Jahren hatte der italienische Historiker Renzo de Felice eine Liste mit 100 Frauen- und 50 Männerorden publiziert, die Juden und anderen Flüchtlingen in Rom Schutz gewährten. Das Dokument galt mitsamt der kompletten Dokumentation lange als verschollen - bis zu seiner Wiederentdeckung, die heute bei einer Tagung im Museo della Shoah der Jüdischen Gemeinde Roms bekannt gegeben wurde.

Offenbar ist bekannt, wo die italienischen Juden, die 1943 und 1944 Zuflucht suchten, versteckt waren - und wo sie zuvor wohnten. Die Informationsdichte über die Rettung von Juden durch katholische Orden in Rom sei damit erheblich vergrößert worden, hieß es in der Mitteilung.

Während der Besatzung durch die Wehrmacht wurden 2000 Menschen, darunter viele Kinder, deportiert und ermordet. Insgesamt lebten zuvor 10.000 bis 15.000 Juden in Rom.

Eingeschränkter Zugriff Die Privatsphäre der Nachfahren der aufgelisteten Flüchtlinge wird geschützt, weshalb der Zugriff auf die Dokumentation derzeit eingeschränkt ist.

Der Jesuit P. Gozzolino Birolo erstellte das Dokument unmittelbar nach der Befreiung Roms durch die Alliierten, zwischen Juni 1944 und Frühjahr 1945, bevor der Ökonom des Päpstlichen Bibelinstituts an Krebs verstarb. Sein Vorgesetzter, der deutsche Jesuit Augustin Bea, war für seine Verdienste um den jüdisch-katholischen Dialog bekannt.

Nun sind Historiker der Jüdischen Gemeinde, der Päpstlichen Universität und des International Institute for Holocaust Research in Yad Vashem dabei, die Dokumentation zu untersuchen. Koordiniert wird das Vorhaben von Dominik Markl vom Päpstlichen Bibelinstitut und dessen Direktor Michael Kolarcik.

Porträt

Liebe ohne Grenzen

Beatrice Wyler und Geri Naphtaly leben in einem Heim für Menschen mit geistiger Behinderung. Nach Widerstand von verschiedenen Seiten konnten sie vor anderthalb Jahren heiraten. Eine Begegnung in Zürich

von Nicole Dreyfus  22.01.2025 Aktualisiert

Guatemala

Die jüdischen Taliban

Behörden des Landes gehen gegen die radikale Sekte Lev Tahor vor und befreien 160 Kinder

von Andreas Knobloch  21.01.2025

Holocaust-Gedenken

»Jeder Israeli ist zum Gedenken willkommen«

Polens Vize-Außenminister Władysław Bartoszewski zur Kontroverse um den Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu

von Michael Thaidigsmann  21.01.2025

Interview

»Antisemitismus in der Schweiz ist beunruhigend«

Die abtretende Direktorin des Bundesamts für Polizei (fedpol), Nicoletta della Valle, warnt vor der schnellen Radikalisierung von Jugendlichen und weist auf besseren Informationsaustausch, um Terrorismus zu bekämpfen

von Nicole Dreyfus  21.01.2025

USA

So sieht »Nie wieder!« aus

Jonah Platts Familie gehört zu Hollywoods Elite. Im Interview spricht der Schauspieler, Drehbuchautor und Sänger über seinen Podcast »Being Jewish« und jüdische Selbstbehauptung seit dem 7. Oktober

von Sophie Albers Ben Chamo  20.01.2025

Italien / Vatikan

Roms Oberrabbiner kritisiert Papst für Israel-Aussagen

Eine namhafte jüdische Stimme wirft Papst Franziskus in Sachen Gaza-Krieg »selektive Empörung« vor. Bei anderen Konflikten weltweit halte sich das Kirchenoberhaupt dagegen zurück

 18.01.2025

Irland

Der Präsident soll nicht reden

Wenn es nach der jüdischen Gemeinschaft geht, soll Michael D. Higgins, irischer Staatspräsident, in diesem Jahr nicht bei der Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag sprechen

von Michael Thaidigsmann  16.01.2025

Ungarn

Abschied von der ältesten Olympiasiegerin

Die legendäre Turnerin Ágnes Keleti ist in Budapest gestorben – nach einem langen, außergewöhnlichen Leben voller Medaillen

von Martin Krauß  15.01.2025

Frankreich

Iris Knobloch bleibt Präsidentin des Filmfestivals Cannes

Sie ist die erste Frau an der Spitze des Festivals

 15.01.2025