Charlie Hebdo

»Wir waren die Ersten, die es traf«

Roger Cukierman Foto: dpa

Charlie Hebdo

»Wir waren die Ersten, die es traf«

Roger Cukierman über den islamistischen Terror und die Zukunft jüdischen Lebens in Frankreich

von Tobias Kühn  06.01.2016 11:39 Uhr

Herr Cukierman, vor genau einem Jahr haben islamistische Terroristen in Paris Anschläge auf das Satiremagazin Charlie Hebdo und den koscheren Supermarkt Hyper Cacher verübt. Wie gedenkt die jüdische Gemeinde der Opfer?
Präsident Hollande hat am Dienstag Gedenktafeln an den Orten des Terrors angebracht. Wir als jüdische Gemeinde planen für Samstagabend eine Gedenkveranstaltung vor dem Hyper Cacher. Premierminister Manuel Valls hat sich angekündigt. Es wird Ansprachen geben, und wir werden Kerzen anzünden.

Wie hat sich das jüdische Leben in Frankreich seit den Terroranschlägen verändert?
Dass die Dschihadisten Juden töten wollen, war uns schon nach dem Anschlag auf die jüdische Schule in Toulouse 2012 und dem Attentat auf das Jüdische Museum in Brüssel 2014 bewusst. Aber nach dem Terror vom November vergangenen Jahres ist uns klar: Wir waren nur die Ersten, die es traf. Jetzt werden alle Bürger der westlichen Welt zur Zielscheibe jener Leute, die die Scharia einführen wollen.

Wie haben die Anschläge die jüdische Gemeinde in Frankreich verändert?
Wir stehen seitdem unter starkem Schutz. Rund 7000 Polizisten und Soldaten bewachen die jüdischen Einrichtungen im ganzen Land. Dass dies nötig ist, verletzt in gewisser Weise unseren Stolz. Seit 2000 Jahren leben Juden in Frankreich, seit dem Jahr 1791 sind wir Staatsbürger – und dennoch müssen wir besonders geschützt werden, so als gehörten wir nicht richtig dazu.

Viele verlassen deshalb Frankreich und wandern nach Israel aus.
Ja, ich kann die Gründe dieser Menschen verstehen. Wer sieht, dass seine Kinder von Soldaten bewacht werden müssen, fragt sich, ob es in diesem Land eine Zukunft für die nächste Generation gibt. Es ist schmerzlich für uns, mitanzusehen, wie sie das Land verlassen; und es berührt uns, wenn der Premierminister sagt: »Ihr solltet nicht auswandern, denn Frankreich ohne Juden ist nicht Frankreich.« Aber Fakt ist: Im vergangenen Jahr haben Tausende Juden Frankreich verlassen.

Manche wandern aus, andere wählen den rechtsextremen Front National (FN), da sie glauben, eine antimuslimische Politik könne dem jüdischen Leben im Land helfen.
Wir Juden erinnern uns gut daran, dass diese Partei die extreme Rechte Frankreichs repräsentiert und immer gegen uns war, auch in der Nazi-Zeit. Es ist eine Schande für Juden, den Front National zu wählen. Der FN teilt nicht die Werte, die wir verteidigen.

Wie, glauben Sie, wird das jüdische Leben in Frankreich in zehn Jahren aussehen?
Das hängt ganz davon ab, wie es der westlichen Welt gelingen wird, den islamistischen Terror zu bekämpfen. Ich hoffe, die Regierungen des Westens werden stark genug sein und die barbarische Bewegung auslöschen.

Mit dem Präsidenten der französisch-jüdischen Dachorganisation CRIF sprach Tobias Kühn.

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025