Interview

»Wir vertrauen Syriza«

Herr Constantinis, Griechenland wird nun von der Linkspartei Syriza regiert. Was bedeutet das für die Juden in Ihrem Land?
Der KIS, das ist der Zentralrat der Juden in Griechenland, unterhält sehr gute Beziehungen zu allen demokratischen Parteien. Das war schon immer so: KIS unterstützt alles, was zum Fortschritt des Landes beiträgt. Daher haben wir nun auch Vertrauen in die neue Regierung. Und wir hoffen, dass unser Land mit ihr die Krise endlich überwindet.

Syriza versteht sich als antizionistische Partei, sie unterstützt die Palästinenser und kämpft gegen Israel. Ist das nicht gefährlich?
Es ist nicht nur meine Hoffnung, sondern ich glaube auch wirklich daran, dass Syriza nicht nur die gute Zusammenarbeit, die es zwischen Griechenland und Israel seit Jahrzehnten gibt, nicht gefährdet, sondern vielleicht sogar stärkt. Wir sind auch zuversichtlich, dass Syriza vielleicht einmal in der Lage sein wird, im Friedensprozess im Nahen Osten eine positive Rolle zu spielen.

Der rechtsextremen Partei »Goldene Morgenröte« ist es mit sechs Prozent der Stimmen gelungen, wieder ins Parlament einzuziehen, auch wenn fast ihre gesamte Parteispitze im Gefängnis sitzt. Wie groß ist die Gefahr von Rechts?
Wir sind geschockt: Diese Nazi-Partei ist die drittstärkste politische Kraft in Griechenland! Und wir sind doch stolz darauf, dass wir das Land sind, in dem die Demokratie entstanden ist und die Wurzeln der westlichen Zivilisation gelegt wurden. Ein Teil der griechischen Bevölkerung hat sich durch ihre Armut verleiten lassen, die »Morgenröte« zu wählen, obwohl die ihre Absichten nie verheimlicht hat. Für die griechischen Juden ist das ein Warnsignal. Dass extreme Ideologien in Europa und in Griechenland wieder hochkommen, ist eine ernste Gefahr.

Trauen Sie der neuen Regierung zu, etwas in der Frage der Entschädigung zu erreichen? Im Wahlkampf wurde immer wieder daran erinnert, dass Griechenland Forderungen in zweistelliger Milliardenhöhe an Deutschland hat.
Der KIS unterstützt Griechenlands Anliegen in dieser Sache. Auch wir fordern die Rückgabe. Ich persönlich habe lange mit dem Widerstandskämpfer Manolis Glezos, der für Syriza im Europaparlament sitzt, zusammengearbeitet. Wenn ich gefragt werde, arbeite ich gerne wieder mit ihm zusammen.

Was erwarten Sie sich von Deutschland und von der Europäischen Union?
Wir hoffen auf einen Kompromiss: Griechenland und Deutschland beziehungsweise die gesamte EU müssen einen Mittelweg beschreiten, um zu einer Lösung zu finden – damit die Leiden des griechischen Volkes gelindert werden. Wenn wir die Wiederauferstehung des Nazismus verhindern wollen, müssen wir gemeinsam gute Lösungen finden. Denn der Nationalsozialismus ist eine offene Bedrohung der Demokratie und der gesamten europäischen Gesellschaft.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Griechenland sprach Martin Krauß.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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