Interview

»Wir müssen Vorbilder sein«

Pinchas Goldschmidt über den jüdisch-muslimischen Dialog und ein Treffen in Italien

von Michael Thaidigsmann  19.09.2019 12:35 Uhr

Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz Foto: Uwe Steinert

Pinchas Goldschmidt über den jüdisch-muslimischen Dialog und ein Treffen in Italien

von Michael Thaidigsmann  19.09.2019 12:35 Uhr

Rabbiner Goldschmidt, in dieser Woche fand im süditalienischen Matera ein Treffen von Rabbinern und Imamen statt. Wie steht es aktuell um die Beziehungen zwischen Juden und Muslimen in Europa?
Es gab in den vergangenen Jahren Belastungen, ich nenne da nur den islamistischen Terrorismus oder den sich auch unter Muslimen offener manifestierenden Antisemitismus. Das macht es umso dringlicher, diesen Dialog zu intensivieren.

Nun bezweifeln viele, dass das etwas bringt. Was entgegnen Sie denen?
Wir Verantwortlichen in den beiden Gemeinschaften haben Einfluss. Wir müssen Vorbilder sein und vorangehen. Glauben Sie mir, wenn sich ein Imam in einer Freitagspredigt offen gegen Antisemitismus wendet und zur Solidarität mit jüdischen Mitbürgern aufruft, dann hat das einen Effekt.

Auf muslimischer Seite verweigern sich viele dem Dialog mit Juden. Haben Sie dort überhaupt ausreichend Rückhalt?
Ja, es stimmt, nicht jeder engagiert sich im interreligiösen Dialog. Trotzdem muss man festhalten: Seit wir 2016 das Muslim Jewish Leadership Council (MJLC) gegründet haben, ist es für uns leichter geworden, auch mit konservativen und traditionalistischen islamischen Geistlichen ins Gespräch zu kommen.

Ist das für jene nicht nur ein Feigenblatt?
Ein Bild sagt bekanntlich oft mehr als 1000 Worte. Das Bild, auf dem konservative islamische Führer mit Rabbinern an einem Tisch sitzen, hat eine gewaltige Wirkung.

Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie mit konservativen islamischen Geistlichen?
Es gibt Themen, die beide Gemeinschaften betreffen, zum Beispiel das Thema Schächten oder das Verbot religiöser Symbole. Wir wollen gemeinsam Front machen gegen all diese Gesetze, die Muslimen und Juden in Europa heute das Leben erschweren.

Auch in der jüdischen Gemeinschaft gibt es einige, die dafür sind, das Kopftuch zu verbieten, weil es ein Symbol der Unterdrückung von Frauen ist.
Wenn Regierungen den Leuten vorschreiben, wie sie sich in der Öffentlichkeit zu kleiden haben oder was sie essen dürfen und was nicht, dann befinden sie sich auf einem gefährlichen Pfad. Europa gründet sich auf Freiheit und Vielfalt. Wenn man anfängt, das einzuschränken, folgt man ein Stück weit dem Vorbild der Sowjetunion.

Glauben Sie, dass die neue EU-Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen hier etwas im Sinne von Juden und Muslimen unternehmen wird?
Die EU steht heute da, wo die USA vor 200 Jahren standen, also noch relativ am Anfang. Von der Leyen will eine engere politische Union, sie will mehr Zusammenhalt, und auch Frankreich will das. Das ist gut so.

Das Gespräch mit dem Präsidenten der Europäischen Rabbinerkonferenz führte Michael Thaidigsmann.

Uman-Wallfahrt

Moldau verweigert jüdischen Pilgern Landegenehmigung

Die traditionelle Wallfahrt ultraorthodoxer Juden ins ukrainische Uman stößt einmal mehr auf Hindernisse

von Martin Roy  09.09.2024

Österreich

Sinnlich und übersinnlich

Adi Hanan ist Tänzerin am Wiener Staatsballett. Zuletzt begeisterte die israelische Ballerina das Publikum mit ihrer ersten Langchoreografie »Eden«

von Nicole Dreyfus  08.09.2024

München

Rabbiner offerieren »Gemeindepaket«

Mit besonders auf kleine Gemeinden abgestimmten Dienstleistungen will die Europäische Rabbinerkonferenz halachische Standards aufrechterhalten

 05.09.2024

Sport

Deutsche U21-Fußballer treffen auf Israel

Das Spiel wird heute im Fernsehen übertragen

 04.09.2024

Slowakei

Eine Rolle reist durch Europa

Imrich Donaths Familie rettete einst die Sefer Tora der Gemeinde von Šal’a vor den Nazis

von Kilian Kirchgeßner  02.09.2024

Rima Hassan

Die Hetzerin

Französische Politiker fordern Ermittlungen gegen die israelfeindliche Europaabgeordnete

von Michael Thaidigsmann  03.09.2024 Aktualisiert

Amy Winehouse

Auf Amys Spuren

Unser Autor besucht Menschen, die der einzigartigen Sängerin etwas bedeutet haben

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  01.09.2024

Schweiz

Davos: Zwei abgelehnte Asylbewerber tatverdächtig

Der Angriff auf einen orthodoxen Juden wurde von Männern unbekannter Herkunft verübt

 30.08.2024 Aktualisiert

Weltraumtourismus

Rocket Man

Wetterprobleme: Jared Isaacman wartet weiterhin auf seinen SpaceX-Raumflug

von Detlef David Kauschke  29.08.2024