Österreich

»Wir haben in Graz jeden Tag damit zu tun«

Elie Rosen Foto: dpa

Herr Rosen, nachdem vergangene Woche propalästinensische Parolen an die Synagoge Ihrer Gemeinde geschmiert und Fenster eingeschlagen wurden, sind Sie selbst am Samstag von einem Mann attackiert worden. Was genau ist geschehen?
Ich wollte mit meinem Auto auf das Grundstück der Gemeinde fahren. Da kam von rechts ein Fahrradfahrer mit einer Baseballmütze, und ich erkannte in ihm die Person von den Aufnahmen der Überwachungskameras der Vorfälle der vergangenen Tage. Ich sah, dass er einen Stein in der Hand hielt, stieg aus und forderte ihn auf, diesen wegzulegen. Da ging er mit einem Holzknüppel auf mich los. Ich rettete mich ins Auto, er schlug mit dem Knüppel aufs Dach. Als eine Passantin das fotografierte, ergriff er mit seinem Rad die Flucht.

Wie geht es Ihnen jetzt?
Ich bin erleichtert, dass der Täter gefasst wurde. Wir wussten ja nicht, ob es zu einer weiteren Serie von Anschlägen kommt. Ich verarbeite das, aber es braucht halt ein wenig Zeit.

Bei dem Täter handelt es sich um einen 31-jährigen Syrer, der vor sieben Jahren als Flüchtling nach Österreich kam.
Das macht mich betroffen. Es ist traurig, dass die Angriffe gerade von einer Person ausgegangen sind, die in Österreich Schutz vor Verfolgung sucht. Ich habe in der Vergangenheit immer wieder auf den wachsenden israelbezogenen Antisemitismus hingewiesen. Wir haben in Graz jeden Tag damit zu tun. In den letzten Jahren hat es bei uns keine rechtsextremen Anschläge auf die Synagoge gegeben.

Wird öffentlich diskutiert, dass hinter der Tat ein muslimischer Flüchtling steht?
Rechts und links liefern sich einen Schlagabtausch darüber, wo denn die besseren Antisemiten zu Hause sind. Das finde ich unappetitlich. Für mich steht die eine Seite der anderen in nichts nach.

Führende Politiker betonen jetzt, Antisemitismus habe in Österreich »keinen Platz«. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie so etwas hören?
Ich kenne niemanden, der sagt, Antisemitismus habe in Österreich einen Platz. Insofern ist das etwas sehr Deklaratives. Man darf es nicht bei Worten belassen, sondern muss Maßnahmen ergreifen.

Welche zum Beispiel?
Man muss Strategien gegen neue Formen des Antisemitismus entwickeln. Studien zeigen, dass mehr als 30 Prozent aller antisemitischen Vorfälle auf israelbezogenen Antisemitismus zurückgehen. Das darf man nicht ignorieren, sondern muss pädagogisch eingreifen. Wir müssen Kindern und auch Erwachsenen Wissen über den Staat Israel und seine Geschichte vermitteln. Nur so kann man verhindern, dass das einseitige Bild Israels, das viele Medien vermitteln, für sie die einzige Grundlage der Meinungsbildung bleibt.

Mit dem Präsidenten der Jüdischen Gemeinde Graz sprach Tobias Kühn.

Zürich

Die gute Seele der Gemeinde

Seit 13 Jahren sorgt der muslimische Hausmeister Michel Alassani dafür, dass im Gebäude der Israelitischen Cultusgemeinde alles rundläuft

von Nicole Dreyfus  14.08.2025

Meinung

Soll die Schweiz Palästina anerkennen?

Eine Anerkennung von Palästina wäre für die Schweiz ein aussenpolitischer Kurswechsel, von dem niemand profitiert

von Nicole Dreyfus  13.08.2025

Slowakei

»Wir würden es als großen Verlust empfinden«

Durch beherztes Handeln konnte die Stadtverwaltung von Prešov die Schließung des örtlichen Jüdischen Museums verhindern

von György Polgár  12.08.2025

Debatte

Missbrauch der Sarajevo-Haggada für Hetze gegen Israel

Ein Kommentar von Rabbiner Pinchas Goldschmidt

von Rabbiner Pinchas Goldschmidt  11.08.2025

Schweiz

Der Breslauer Schatz

Tausende Schriften stehen für das Überleben der jüdischen Kultur in Europa. Nun sollen sie endlich restauriert und zukünftigen Generationen zugänglich gemacht werden

von Leticia Witte, Ralf Balke  11.08.2025

Berlin

Holocaust-Überlebende zweifeln an Deutschland

Das Waffenembargo verunsichert auch Schoa-Überlebende in Israel - das meint der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees

 10.08.2025

Washington D.C.

USA klagen Mörder von israelischen Botschaftsmitarbeitern an

Elias Rodriguez könnte für den Doppelmord an dem Deutsch-Israeli Yaron Lischinsky und der Amerikanerin Sarah Milgrim zum Tode verurteilt werden

 07.08.2025

Großbritannien

Das zweitschlechteste Halbjahr

Nach dem Allzeithoch 2024 ist der Judenhass im Vereinigten Königreich zwar etwas zurückgegangen. Doch der Gaza-Krieg fungiert weiter als Katalysator für Antisemitismus

 06.08.2025

Iberia Airlines

»Free Palestine«-Kritzeleien auf koscheren Mahlzeiten

Jüdische Passagiere bekamen auf einem Flug von Buenos Aires nach Madrid Lebensmittel mit antiisraelischen Botschaften serviert

von Michael Thaidigsmann  05.08.2025