Mexiko

Wahlkampf mit harten Bandagen

Claudia Sheinbaum (55), Spitzenkandidatin der Nationalen Erneuerungsbewegung »Morena« in der Hauptstadt Mexiko-City Foto: imago/ZUMA Press

Mexiko

Wahlkampf mit harten Bandagen

In der Hauptstadt kommt es zunehmend zu Gewalt bei den Auftritten der Bürgermeisterkandidatin

von Andreas Knobloch  29.01.2018 16:10 Uhr

In Wahlkämpfen in Mexiko kommt es fast immer auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Im Zentrum der derzeitigen Debatte steht die linke jüdische Politikerin Claudia Sheinbaum von der Nationalen Erneuerungsbewegung »Morena«.

Zwei öffentliche Auftritte der aussichtsreichsten Anwärterin auf das Bürgermeisteramt von Mexiko-Stadt waren Anfang Januar im Stadtbezirk Coyoacán gewaltsam gestört und unterbrochen worden. Ein Gruppe von Männern warf Stühle und Steine und ging mit Knüppeln auf die Besucher los. Dabei wurde ein Journalist verletzt. Ende Januar dann musste eine Veranstaltung Sheinbaums in Tláhuac verlegt werden, um Auseinandersetzungen mit aggressiven Störern zu vermeiden.

Aufklärung Die Gewaltakte müssten aufgeklärt und die Verantwortlichen bestraft werden, forderte die 55-jährige Sheinbaum vor wenigen Tagen. Ihre Partei hatte die Vorfälle von Coyoacán zur Anzeige gebracht und der Polizei Videos und Fotos der Angreifer übergeben. Darin sind der Abgeordnete Mauricion Toledo von der sozialdemokratischen Partei der Demokratischen Revolution (PRD) und weitere Lokalpolitiker zu sehen. Auch bei den Störern in Tláhuac gab es Verbindungen zur PRD.

Mehr als zwei Wochen benötigte die ermittelnde Staatsanwaltschaft, um erste Ergebnisse vorzulegen. Es sei eine Schande, sagte Sheinbaum. »Wo ist das Auftreten der Staatsanwaltschaft gegen die Aggressionen, die wir erlitten haben? Wir liefern Beweise – und es passiert nichts.«

Auch einen knappen Monat nach den Ereignissen von Coyoacán sind gerade einmal drei der acht Beteiligten, von denen es Aufnahmen gibt, identifiziert. Gegen einen ehemaligen Beamten des Bezirks Coyoacán wird wohl demnächst Anklage erhoben.

Klar scheint, dass es keinen antisemitischen Hintergrund gibt – eine Möglichkeit, die bei jüdischen Kandidaten immer in Betracht gezogen werden muss. Sheinbaums Großeltern väterlicherseits wanderten Anfang des 20. Jahrhunderts aus Litauen nach Mexiko ein. Die Vorfahren der Mutter waren sefardische Juden aus Bulgarien, die vor dem Naziterror nach Mexiko flohen. Sheinbaums Eltern wurden in Mexiko geboren und gehörten später der 68er-Be­wegung an. Sie selbst ist seit ihren Studententagen politisch aktiv.

Im Jahr 2000 holte sie der frisch gewählte Regierungschef des Bundesdistrikts Mexiko-Stadt, Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO, in sein Kabinett. Sheinbaum wurde Umweltministerin und während des Präsidentschaftswahlkampfs 2006 seine Sprecherin. AMLO war damals noch Kandidat der PRD. 2014 gründete er infolge seiner erneuten Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2012 und seinem Austritt aus der PRD die Morena-Partei.

Aggressionen Hinter den Aggressionen gegen Sheinbaum steckt offenbar die Auseinandersetzung zwischen PRD und Morena, die dabei ist, der PRD den Rang abzulaufen. Für die von Skandalen gebeutelte PRD geht es mittlerweile um das politische Überleben. Mexikos Hauptstadt, die sie seit 1997 regiert, ist eine ihrer letzten Bastionen. Doch auch die könnte nun fallen. Am 1. Juli wählt Mexiko einen neuen Präsidenten, zudem finden Wahlen in mehreren Bundesstaaten statt, darunter in der Hauptstadt.

Sheinbaum, die in den Umfragen führt, verspricht, Schluss mit der Vetternwirtschaft an der Spitze zu machen. Sie führt einen ähnlichen Diskurs wie ihr Parteichef López Obrador, der mit der »Mafia an der Macht« aufräumen will und im dritten Anlauf endlich Präsident werden könnte.

In Mexiko kommt es im Wahlkampf immer wieder zu tätlichen Angriffen bis hin zum Mord an Kandidaten. 80 Bürgermeister sind in den vergangenen zehn Jahren getötet worden. Nicht selten stecken politische Gegner dahinter.

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025

Frankreich

Serge Klarsfeld: »Wir müssen vorbereitet sein«

Der Holocaust-Überlebende und Nazi-Jäger hat in »Le Figaro« einen dringenden Appell veröffentlicht und erneut für rechte Parteien geworben. Das Judentum sei bedrohter denn je, glaubt er

 25.04.2025

USA

Sharon Osbourne vs. die Anti-Israel-Popkultur

Rock-Veteranin Sharon Osbourne hat sich mit dem irischen Rap-Trio Kneecap angelegt, das offensichtlich meint, mit Hassrede gegen Israel seine Fanbase vergrößern zu können

von Sophie Albers Ben Chamo  25.04.2025

KZ-Gedenkstätte Auschwitz

Israels Präsident Isaac Herzog und Eli Sharabi beim »Marsch der Lebenden«

Auf dem Weg von Auschwitz nach Birkenau sind diesmal auch ehemalige israelische Geiseln der Hamas dabei. Israels Präsident Herzog erinnerte an die weiterhin in Gaza gefangen gehaltenen israelischen Geiseln

 24.04.2025