USA

Von Pistolen und gefährlichen Hunden

Der private Besitz einer Waffe ist nicht grundsätzlich verboten. Foto: dpa

Nach dem Amoklauf an der Sandy Hook Grundschule in Newtown/Connecticut hält die Diskussion um das Thema Waffenbesitz in den USA unvermindert an. Auch die jüdische Gemeinschaft beteiligt sich an der Debatte. Wie das amerikanische »Tablet«-Internetmagazin schreibt, reicht das Spektrum vom »Religious Action Center of Refom Judaism«, das sich für ein striktes Verbot privaten Waffenbesitzes einsetzt, bis zu den »Jews für Preservation of Firearms Ownership«, die allein schon schärfere Kontrollbestimmungen als »Entwaffnung unschuldiger Menschen« ablehnen. Beide Seiten, so stellt »Tablet« fest, berufen sich jeweils auf das Judentum. Und wie so oft kann die Frage, was Tora und Talmud dazu sagen, nicht eindeutig beantwortet werden.

Unter anderem Rabbiner Chaim Steinmetz aus Montreal/Kanada hat sich mit dem Thema beschäftigt. Er stellt fest: »Die persönliche Sicherheit ist im Judentum ein religiöses Anliegen.« So fordert die Tora zum Beispiel, dass ein Dach gesichert sein muss, damit niemand herunterfallen kann. Der Talmud versteht diese Anweisung weitergehend, demzufolge sollte jede Gefährdung vermieden werden.

hunde So spricht sich der Talmud (Bava Kama 79a) auch gegen den Besitz gefährlicher Hunde aus. Und die Halacha schreibt vor, dass dessen Halter das Tier zumindest mit Metallketten sichern muss. Der Hinweis, dass ein solcher Hund Fremde verängstigen könnte, die in Folge gesundheitliche Schäden davontragen könnten, fehlt nicht.

Dennoch gibt es den halachischen Hinweis, dass in Ausnahmefällen – in gefährlichen Grenzorten zum Beispiel – derartige Hunde zum Schutz vor Räubern und Banditen nachts unangeleint wachen können. Verschiedene andere gefährliche Tiere sind im Talmud übrigens auch erwähnt, wie zum Beispiel Löwen, Leoparden oder Schlangen, die von Natur aus schon für eine private Haltung nicht infrage kämen.

Auf die aktuelle Frage des Besitzes und des Umgangs mit Feuerwaffen bezogen, deutet Rabbiner Steinmetz die Schriften so, dass der private Besitz einer Waffe nicht grundsätzlich verboten ist, sie aber stets gut gesichert sein muss. Alle nur erdenklichen Vorkehrungen seien zu treffen, damit ein Missbrauch und die fahrlässige Gefährdung anderer ausgeschlossen werden können.

verbot Ein talmudisches Verbot, dass er in diesem Zusammenhang erwähnt, bezieht sich auf den Verkauf von Waffen an Götzenanbeter und Kriminelle (Avoda Zarah 15b). Das Verbot in Hinblick auf die Götzenanbeter wird mit der Gefahr erläutert, dass sie die Absicht haben könnten, damit Juden töten zu wollen. An fast gleicher Stelle (Avoda Zarah 16a) ist zu lesen, an wen Waffen verkauft werden dürfen: nämlich an gute Nachbarn und an Angehörige verbündeter Nationen.

Deutlich betont die Halacha übrigens das Recht auf Selbstverteidigung, zum Beispiel in dem Fall, dass ein Einbrecher im Haus angetroffen wird (Sanhedrin 72a). Der New Yorker Rabbi Dovid Bendory verweist auch ausdrücklich auf das Torazitat »Stehe nicht still bei dem Blut deines Nächsten« (3. Buch Moses 19,16), das jeden Juden verpflichte, seinen Mitmenschen in Lebensgefahr beizustehen. Notfalls auch mit der Waffe in der Hand.

Lesen Sie mehr zum Thema:
prelive.juedische-allgemeine.de/article/view/id/1440
prelive.juedische-allgemeine.de/article/view/id/10587

Interview

Josef Schuster on the J7 Task Force: »We Are a Driving Force«

The President of the Central Council of Jews in Germany, on the Large Communities’ Task Force Against Antisemitism (J7), the German chairmanship and a meeting in Berlin

von Philipp Peyman Engel  05.05.2025

Interview

»Wir sind ein Impulsgeber«

Zentralratspräsident Josef Schuster über die Internationale Task Force gegen Antisemitismus J7, den deutschen Vorsitz und ein Treffen in Berlin

von Philipp Peyman Engel  05.05.2025

Ukraine

Mit Tränen in den Augen

Die Weltordnung zerfällt, doch eine sinnvolle Gestaltung des 80. Jahrestags zum Ende des Zweiten Weltkriegs ist möglich, sagt unser Autor

von Vyacheslav Likhachev  04.05.2025

Österreich

Pita und Krautrouladen

Haya Molcho hat sich im Laufe der Jahre von Wien aus ein Imperium erkocht. Ein Gespräch über Familie, Politik und Balagan in der Küche

von Nicole Dreyfus  04.05.2025

Florenz

Judenretter und Radsportheld

Als Gigant der Landstraße ging Gino Bartali in die Geschichte des Radsports ein. Was der im Jahr 2000 gestorbene Italiener abseits der Rennen leistete, nötigt mindestens ebenso viel Respekt ab

von Joachim Heinz  02.05.2025

Japan

Jüdisch in Fernost

Etwa 1500 Juden sind im Land der aufgehenden Sonne zu Hause. Koscheres Leben ist schwierig. Und sogar hier hat sich seit dem 7. Oktober 2023 einiges verändert

von Eugen El  01.05.2025

Bern

Schweizer Juden reagieren auf Verbot der Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025