Wuligers Woche

Trumps Nazis und seine Juden

Wie glaubwürdig ist Trumps späte Distanzierung von den Neonazis in Charlottesville? Foto: dpa

Knapp ein Drittel der amerikanischen Juden unterstützt laut einer Gallup-Umfrage Donald Trump. Die Befragung stammt vom März dieses Jahres, noch vor den Ereignissen von Charlottesville, wo am Wochenende Ku-Klux-Klan und Neonazis mit Hakenkreuzfahnen und antisemitischen Parolen aufmarschierten. Das zu verurteilen hatte der US-Präsident sich zunächst geweigert und stattdessen nur allgemein von »Gewalt auf vielen Seiten« schwadroniert.

Es ist dieselbe Formel, die EU-Regierungen nach palästinensischen Terroranschlägen in Israel gerne verwenden. Und dort wie hier ist sie sachlich und moralisch falsch: Angreifer und Angegriffene werden auf eine Stufe gestellt, der Unterschied zwischen Recht und Unrecht wird verwischt. Erst nach massivem öffentlichem Druck hatte Trump sich spät von den Rassisten und Neonazis doch noch distanziert, nur um am Dienstag wieder zu seiner ursprünglichen Haltung zurück zu kehren – und jetzt noch eins drauf zu legen: Er äußerte Verständnis, ja Sympathie für den rechtsextremen und antisemitischen Mob.

Parolen Donald Trumps jüdischen Anhängern aber wird das wahrscheinlich egal sein. Sie haben für den Mann gestimmt, obwohl er bereits im Wahlkampf mit antisemitischen Parolen operierte und sich damals schon nicht von rassistischen Unterstützern distanzieren wollte. Es hat sie auch nicht gestört, dass in der Erklärung Trumps zum Holocaust-Gedenktag, die jüdischen Opfer der Schoa nicht vorkamen. Die Nähe wichtiger Berater des Weißen Hauses zu rechtsextremen Kreisen fällt ebenfalls offenbar nicht ins Gewicht.

Dass Juden sich auf allen Seiten des politischen Spektrums engagieren, einschließlich seiner radikalen Varianten, ist normal. Aber hier geht es nicht mehr nur um Politik. Wenn es einen Grundkonsens im Judentum gibt, über alle politischen, religiösen und sozialen Differenzen hinweg, dann den, dass wo Juden als Juden attackiert werden, sie füreinander einstehen müssen.

»Ahavat Yisrael« – Liebe zum, oder politisch formuliert, Solidarität mit dem eigenen jüdischen Volk – ist eine Mizwa. Das ist nicht bloß ein moralisches Gebot. Es ist eine Frage des Überlebens. Wer diesen Konsens bricht, stellt sich selbst außerhalb der Gemeinschaft. Das gilt links für manche jüdischen Antizionisten; es muss rechts genauso gelten.

afd Und nicht alleine in den USA. In Deutschland gibt es immer noch Gemeindemitglieder, die nicht nur der AfD nahestehen, sondern auch aktiv in dieser Partei mitmachen, trotz Mitgliedern und Anhängern, die immer wieder mit kaum verhüllten judenfeindlichen Versatzstücken operieren. Es ist kein Zufall, dass etwa Martin Hohmann, der 2003 wegen einer – juristisch vorsichtig formuliert – von vielen als antisemitisch empfundenen Rede aus der CDU ausgeschlossen wurde, jetzt als AfD-Kandidat gute Chancen hat, wieder in den Bundestag einzuziehen. Das ist keine Gesellschaft für Juden, die noch einen Rest an Selbstachtung besitzen.

In wenigen Tagen beginnt im hebräischen Kalender der Monat Elul. Er ist der inneren Vorbereitung auf die Hohen Feiertage und der Umkehr vom falschen auf den richtigen Weg gewidmet. Die jüdischen Trump-Fans in den Vereinigten Staaten und AfD-Anhänger hierzulande werden in dieser Zeit einiges aufzuarbeiten haben.

Imanuels Interpreten (10)

Kenny G: Das Enfant Terrible des Jazz

Er ist der erfolgreichste Instrumentalmusiker – und der meistgehasste. Warum eigentlich?

von Imanuel Marcus  17.06.2025

Krieg in Israel

Rabbiner: Unterstützung für gestrandete Israelis in Europa

Sie können momentan nicht nach Israel zurück. Jüdische Gemeinden in Europa sind gebeten, sie mit Unterkünften und anderem zu unterstützen. In Gemeinden herrscht unterdessen große Besorgnis, auch wegen der Sicherheit

von Leticia Witte  16.06.2025

Nachruf

Der Lippenstiftverkäufer

Leonard Lauder, der aus dem von seinen Eltern gegründeten Kosmetikunternehmen Estée Lauder einen Weltkonzern machte, ist im Alter von 92 Jahren gestorben

von Michael Thaidigsmann  16.06.2025

USA

Farlir nur nit dein Hofenung

Wie ein schwarzer Kantor in den 1920ern New Yorks Juden verzauberte und sogar durch Europa tourte. Die unglaubliche Geschichte des Thomas LaRue, dessen Stimme erstmals wieder zu hören ist

von Nicole Dreyfus  15.06.2025

Nationaler Sicherheitsrat

Offizielle Warnungen für Israelis und Juden im Ausland

Wachsamkeit, Kooperation und Zurückhaltung. Der israelische Nationale Sicherheitsrat hat Warnhinweise für Israelis und Juden im Ausland veröffentlicht

 13.06.2025

Zürich

Israelhasser wollten Zürich zum Stillstand bringen

Am Donnerstagabend wollten »propalästinensische« Demonstranten durch die Zürcher Innenstadt ziehen

von Nicole Dreyfus  12.06.2025 Aktualisiert

Bosnien und Herzegowina

Goldschmidt: Boykott von Rabbinertreffen ist »eine Schande«

Die Europäische Rabbinerkonferenz kann nicht in Sarajevo tagen. Grund ist der Boykottaufruf eines Ministers. Der CER-Präsident fordert nun Konsequenzen

von Michael Thaidigsmann  12.06.2025

New York

Weinstein in neuem Prozess wieder verurteilt

Der Schuldspruch gegen den ehemaligen Filmmogul im Jahr 2020 galt als Meilenstein – bis er 2024 überraschend kassiert wurde. Nun hat erneut eine Jury geurteilt, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

 12.06.2025

Belgien

Israelfeindliche Aktivisten stellen Hamas-Terror nach

Bei einem »Widerstandsfestival« in Brüssel wurde der Terror mit einem Theaterstück glorifiziert, es gab Hamas-Dreiecke; und Wassermelonen-Mandalas für Kinder

von Nils Kottmann  09.06.2025