Frankreich

Tendenz positiv

Foto: imago

Frankreich

Tendenz positiv

Nach einem halben Jahr im Amt bewertet die jüdische Gemeinde die Arbeit von Präsident Emmanuel Macron

von Beate Niemayer  13.11.2017 19:53 Uhr

Die symbolische Marke ist erreicht: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist sechs Monate im Amt. In dieser kurzen Zeit hat der stets jugendlich wirkende Regierungschef in der Arbeitsgesetzgebung und der Steuerpolitik einige für das Land mutige Reformen angestoßen. Dennoch sind laut einer Umfrage des Nachrichtensenders BFM TV 37 Prozent der Franzosen mit ihm unzufrieden. Und inzwischen laufen ihm auch seine Anhänger davon.

Die jüdische Gemeinde Frankreichs hatte ebenfalls im zweiten Wahlgang dazu aufgerufen, für ihn und gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen zu stimmen. Grund genug, auch sie nach ihren Eindrücken zu fragen und herauszufinden, was sie sich von Macron für die Zukunft weiterhin erhofft?

CRIF »Noch ist es zu früh für eine Bilanz«, erklärt Francis Kalifat. »Ankündigungen gab es viele, jetzt warten wir auf konkrete Maßnahmen«, so der Vorsitzende der französisch-jüdischen Dachorganisation (CRIF). Genau deshalb könne man auch keinen Vergleich zur Vorgängerregierung von François Hollande ziehen. »Wir warten darauf, dass den Worten Taten folgen«, sagt auch Richard Wertenschlag, Großrabbiner der Gemeinde von Lyon.

Die Ansprache von Premierminister Edouard Philippe zu Rosch Haschana kam jedenfalls gut bei der Gemeinde an. Dabei versprach er, »ohne Gnade« gegen den An-
tisemitismus, »dieser furchtbaren Bestie, die immer wieder aufersteht, obwohl man sie längst tot gewähnt hat«, vorzugehen. Zudem sagte er Banalisierung des Antizionismus den Kampf an.

»Das war eine wirklich gute Rede«, betont Wertenschlag. Schließlich bereiten die Sicherheitslage und der Antisemitismus Frankreichs Juden am meisten Sorgen. Daher ist es für sie sehr wichtig, dass die Regierung gegen den »neuen Judenhass« in Form des Antizionismus vorgehen will, sagt CRIF-Präsident Kalifat. Auch Präsident Macron hat der Gemeinde gezeigt, dass dieser in der Republik keinen Platz hat.

Anlässlich des Jahrestags der Razzia im Pariser Vélodrome d’Hiver forderte er im Beisein von Israels Ministerpräsident Netanjahu dazu auf, endlich auch den »antisemitischen Charakter« des Mordes an der Pariser Jüdin Sarah Halimi zu begreifen. Die 65-Jährige war im April von ihrem Nachbarn, einem 27-jährigen Muslim namens Kobili Traoré, misshandelt und aus dem dritten Stock ihres Hauses geworfen worden. In den Monaten zuvor hatte Traoré seine Nachbarin wiederholt judenfeindlich beschimpft. Das Gericht jedoch sah nur eine psychische Störung und kein Hassverbrechen. Dagegen regte sich bald Protest.

Kirche Wertenschlag hat zudem den Eindruck, dass man die strikte Trennung von Kirche und Staat, die für viele Juden im täglichen Leben nicht ganz unproblematisch ist, lockern will. »Ich habe das Gefühl, die Haltung der jetzigen Regierung ist positiver dazu als die der vorigen.« Beispielsweise hat der Premierminister angekündigt, jüdischen Studenten alternative Termine anzubieten, falls eine Prüfung auf den Schabbat fällt. Auch versprach er, die rituelle Schlachtung nicht infrage zu stellen.

Nur mit seiner Ankündigung, die Antiterror-Operation »Sentinelle« zurückzufahren, stößt Macron bei Frankreichs Juden auf Unmut. Schließlich bewachen Soldaten deshalb alle potenziell gefährdeten Orte. Aber noch ist nicht bekannt, ob dieser Schritt auch Folgen für die Sicherheit jüdischer Einrichtungen hat. »Juden sind noch immer eine Zielscheibe für den islamistischen Terror«, gibt Kalifat zu bedenken.

Kommt mit Macron nun ein echter Kurswechsel oder nicht? Für Frankreichs Großrabbiner Haïm Korsia ist er »ein neuer Bonaparte«, der frischen Wind bringt. Wie dieser kam er nach dem Abgang der alten Riege von der politischen Bühne an die Macht. Jedenfalls, so glaubt der Rabbiner, »kann man die Welt nur verändern, solange man jung ist.«

Antisemitismus

Angriff auf Synagoge und Restaurant in Melbourne

Während etwa 20 Menschen Schabbat feierten, setzte ein Mann die Tür des Gebäudes in Brand. Kurz darauf wurde ein koscheres Restaurant gestürmt

 05.07.2025

Belgien

»Gaza gleich Auschwitz«-Karikatur gewinnt Wettbewerb

Der erste Preis des Press-Cartoon-Belgium-Wettbewerbs ging in diesem Jahr an eine Zeichnung einer Landkarte, in der die Umrisse des Eingangstores von Birkenau auf die des Gazastreifens gelegt sind

von Michael Thaidigsmann  04.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Großbritannien

Unterhaus: Palestine Action als Terrororganisation eingestuft

Mitglieder der radikalen Anti-Israel-Gruppe waren im Juni auf einen britischen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen und hatten dort Flugzeuge beschädigt

 03.07.2025

Ukraine

Putins Krieg und Trumps Frieden

Während sich die Medienaufmerksamkeit auf Nahost konzentriert, bombardiert Russland weiterhin das Land. Nun schlägt sogar der US-Präsident neue Töne an

von Michael Gold  03.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025