Schweiz

Stimme gegen das Vergessen

Gábor Hirsch sel. A. (1929–2020) Foto: Gamaraal Foundation

Gábor Hirsch hatte ganz persönliche Gründe, jedes Jahr am 27. Januar den Holocaust-Gedenktag zu begehen: Der Schoa-Überlebende hatte erlebt, wie die Rote Armee an jenem kalten Wintertag 1945 das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreite.

Er war damals 16 Jahre alt und wog 27 Kilogramm. Dass er diesen Tag überhaupt erlebte, war ein Wunder. Die Nazis hatten ihn für »nicht arbeitsfähig« erklärt und ihn zweimal für den Tod in der Gaskammer vorgesehen.

Auschwitz Später erfuhr Gábor Hirsch vom Tod seiner Mutter. Sie war von Auschwitz weiter ins KZ Stutthof deportiert und dort ermordet worden. Der Tag, an dem er sie das letzte Mal gesehen hatte, prägte sich ihm für sein ganzes Leben ein.

Bis zum Sommer 1944 hatte die Familie in einer ungarischen Kleinstadt ein vom faschistischen Horthy-Regime noch relativ unbehelligtes Leben geführt. Doch dann war sie brutal auseinandergerissen worden.

Nach der Befreiung kehrte Hirsch nach Ungarn zurück, floh dann aber während des Aufstands 1956 in die Schweiz. Er baute sich ein neues Leben auf, wurde Elektroingenieur und gründete eine Familie.

Kontaktstelle Weil er erkannte, wie wichtig die Zeitzeugen für die nachfolgenden Generationen sind, rief er die »Kontaktstelle für Überlebende des Holocaust« ins Leben – ein wichtiger Schritt vor allem in einem Land, das sich lange Zeit in der Rolle des Unbeteiligten an der Schoa sah. So meinte 1995 der damalige Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz während der Diskussion um die Rolle des Landes im Zweiten Weltkrieg, man tue so, als ob Auschwitz in der Schweiz liege.

Die Holocaust-Erziehung wurde für Gábor Hirsch ein wichtiges Anliegen. Jahrzehntelang engagierte er sich gegen Rassismus und Antisemitismus. Ende August ist er im Alter von 90 Jahren in Zürich gestorben. Er sei »eine Stimme gegen das Vergessen« gewesen, schrieb Anita Winter, die Gründerin der Gamaraal-Stiftung, die bedürftige Schoa-Überlebende in der Schweiz unterstützt. Diese Stimme ist nun verstummt.

Schweiz

Fünf Übergriffe auf Juden an einem Wochenende in Zürich

Die jüdische Gemeinschaft der Schweiz ist zunehmend verunsichert - der Antisemitismus hat ein Allzeithoch erreicht

 11.12.2024

Osteuropa

Der Zauber von Lublin

Isaac Bashevis Singer machte die polnische Stadt im Roman weltberühmt – jetzt entdeckt sie ihr jüdisches Erbe und bezieht es in die Vorbereitungen auf das Europäische Kulturhauptstadtjahr 2029 mit ein

von Dorothee Baer-Bogenschütz  10.12.2024

Sofia

Nach Nichtwahl ausgeschlossen

Bulgarien steckt in einer politischen Dauerkrise - und mittendrin steht ein jüdischer Politiker, den seine Partei jetzt ausschloss

von Michael Thaidigsmann  09.12.2024

Vatikan

Papst Franziskus betet an Krippe mit Palästinensertuch

Die Krippe wurde von der PLO organisiert

 09.12.2024

Österreich

Jüdisch? Arabisch? Beides!

Mit »Yalla« widmet sich das Jüdische Museum Hohenems einer komplexen Beziehungsgeschichte

von Nicole Dreyfus  07.12.2024

Australien

Anschlag auf Synagoge »völlig vorhersebare Entwicklung«

Die jüdische Gemeinde in Australien steht unter Schock. Auf die Synagoge in Melbourne wurde ein Anschlag verübt. Die Ermittlungen laufen

 06.12.2024

Streit um FPÖ-Immunität

Jüdische Studenten zeigen Parlamentspräsidenten an

Walter Rosenkranz habe Ansuchen der österreichischen Staatsanwaltschaft auf Aufhebung der Immunität von drei FPÖ-Parteifreunden verschleppt.

von Stefan Schocher  05.12.2024

USA

Trump will Jared Isaacman zum NASA-Chef ernennen

Der mögliche zweite Jude auf dem Chefsessel der Weltraumbehörde hat ehrgeizige Vorstellungen

von Imanuel Marcus  05.12.2024

Frankreich und der Nahe Osten

Diplomatisches Tauziehen

Paris soll eine Schlüsselrolle im Aushandeln der Waffenruhe im Libanon gespielt haben

von Florian Kappelsberger  04.12.2024