Venezuela

Stillhalten 
in Caracas

Öffentliche Wasserstelle Foto: imago images / ZUMA Press

Offizielle Anfragen in den jüdischen Gemeinden von Venezuela bleiben derzeit unbeantwortet. Nicht nur im Landesinneren, auch in der Hauptstadt Caracas legt fehlender Strom immer wieder die Telefone der Konföderation der israelitischen Gemeinden von Venezuela (CAIV) lahm. Und wenn dann doch einmal eine Verbindung steht, heißt es: »Wir sind nicht autorisiert, Stellungnahmen abzugeben.«

Von den Verantwortlichen der CAIV steht derzeit niemand für offizielle Gespräche zur Verfügung. »Die Situation ist sehr brüchig«, kommentiert ein Gesprächspartner zurückhaltend die Situation in dem krisengeschüttelten lateinamerikanischen Land.

Am Schabbat geht die Mutter zweier Kinder nicht mehr in die Synagoge, weil ihr der Weg zu gefährlich ist.

Repressalien »Wir alle haben Angst vor Repressalien«, begründet eine 43-jährige Hochschullehrerin das offizielle Schweigen. Und in den sozialen Medien schimpfen bezeichnenderweise nur jene auf die Regierung, die das Land bereits verlassen haben.

Am Schabbat geht die Mutter zweier Kinder nicht mehr in die Synagoge, weil ihr der Weg zu gefährlich ist. Wer in der Nähe einer Synagoge wohnt, gehe gemeinsam mit Nachbarn zum abendlichen Gebet am Freitag, um sich vor Überfällen zu schützen. Diebe machten die Straßen unsicher, aber auch jugendliche Anhänger des Maduro-Regimes, die »Juden und Yankees« für die politische und wirtschaftliche Krise verantwortlich machten.

Ihre Töchter hat die Familie der Hochschullehrerin zum Studium ins Ausland geschickt. Das Ehepaar ist geblieben, weil der Mann das Geschäft und seine Eltern nicht allein lassen will.

Vor knapp zwei Jahrzehnten lebten rund 22.000 Juden in Venezuela, dem Land mit den weltweit größten Erdölvorkommen. Doch die autokratische Staatsführung, Misswirtschaft, Korruption und zunehmender An­tisemitismus sowie Israelfeindlichkeit haben mehr als zwei Drittel der Judíos ins Ausland getrieben.

Wer nicht auf Devisen im Ausland zurückgreifen und diese inoffiziell tauschen kann, hat es schwer.

Mangel In den Supermärkten sind die Regale leergefegt. »Klopapier, Seife, Waschmittel, die einfachsten Alltagsgegenstände muss man sich auf dem Schwarzmarkt besorgen«, erzählt die Hochschullehrerin, die in einem der bürgerlichen Viertel der Riesenmetropole Caracas lebt. Die Regierung kümmere sich über die »Lokalen Komitees für Versorgung und Produktion« (CLAP) lediglich um ihre Klientel und um regimetreue Anhänger. »Und auch das ist nicht sehr üppig. Aber bei uns kommt nichts davon an.«

Wer nicht auf Devisen im Ausland zurückgreifen und diese inoffiziell tauschen kann, hat es schwer, sich auf dem Schwarzmarkt Grundnahrungsmittel und Dinge des täglichen Bedarfs zu besorgen, räumen selbst Regierungsanhänger ein. Ein Großteil der Bevölkerung versorgt sich inzwischen über die sogenannten Bachaqueros. Die ambulanten Verkäufer verkaufen alles, was sie aus den Vorratslagern der Regierung abgezweigt haben, für viel Geld und liefern es frei Haus.

Jüdische Venezolaner, die aufgrund von Stromausfällen kein fließendes Wasser mehr zu Hause haben, suchen inzwischen die Gemeindeeinrichtungen nicht mehr nur zu sozialen Ereignissen auf, sondern sie kommen auch zum Duschen und Waschen. »Heute gab es den ganzen Tag Strom und Wasser«, lautet die mit einem Smiley-Lächeln versehene Nachricht. Doch schon am nächsten Tag steht hinter der SMS mit dem Wasser- und Stromzeichen ein Smiley mit hängenden Mundwinkeln.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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