Schweiz

Sicher ohne Minjan

Während des Lockdowns: Stühle für Besucher vor dem Basler Altersheim »Holbeinhof« Foto: Peter Bollag

In der Schweiz ist die Zahl der Neuinfektionen mit Covid-19 in den vergangenen Wochen erneut angestiegen. Die Regierung in Bern reagierte darauf, indem sie unter anderem die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr einführte – eine in anderen Ländern schon länger selbstverständliche Maßnahme.

Risikogruppe Gewisse Lockerungen im öffentlichen Leben sollen nach dem Willen der Schweizer Regierung dennoch nicht infrage gestellt werden. Bei einer sogenannten Risikogruppe, den Bewohnern von Alters- und Pflegeheimen, ist der Alltag, wie man ihn vor Corona gewohnt war, jedoch noch immer nicht eingekehrt.

Das gilt auch für die vier jüdischen Heime der Deutschschweiz. Besuche von Angehörigen, teilweise auch von Freunden und Bekannten der Menschen in den Heimen, sind zwar seit einigen Wochen wieder möglich, inzwischen auch ohne längere Anmeldefrist. Doch wenn es um die Gottesdienste geht, kann von Normalität im Moment noch keine Rede sein.

So versammelt sich etwa im Jüdischen Alters- und Pflegeheim der Hugo-Mendel-Stiftung in Zürich am Schabbat kein Minjan. »Wir erachten die Konstellation zurzeit als zu schwierig und verzichten daher schweren Herzens darauf«, sagt Heimleiter Michael Sutter.

Toralesung Zwar habe man an Schawuot, als die Synagogen in der Schweiz wieder aufmachen durften, gleich einen Gottesdienst durchgeführt, aber das sei eine Ausnahme gewesen. Das Hauptproblem bestehe darin, so Sutter, dass das Gebet, vor allem die Lesung aus der Tora, von Jugendlichen der jüdischen Schule durchgeführt wird. Da es dort jedoch einige Ansteckungen mit dem Coronavirus gegeben habe, halte man das Risiko für zu groß, so sympathisch und wichtig die Begegnung der Generationen auch sei.

Etwas weiter ist man im anderen jüdischen Altenheim der Stadt, der Sikna. Dort finden, wenn auch unter strengen Auflagen, seit Kurzem wieder Gottesdienste statt. Jedoch ist die Zahl der Teilnehmer beschränkt, die von außerhalb ins Haus kommen dürfen.

Keine Gottesdienste werden im christlich-jüdischen Altenheim Holbeinhof in Basel durchgeführt, und das seit Ende Februar. Man sei froh, dass das Haus von Corona-Todesfällen verschont geblieben ist, sagt der stellvertretende Heimleiter Richard Studer. Dies wolle man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

ABSTAND Jedoch finden inzwischen im Haus jede Woche wieder christliche Gottesdienste statt. »Dies sind Wortgottesdienste, die von einem Pfarrer oder einer Pfarrerin gestaltet werden – mit entsprechendem Abstand zu den Bewohnern oder mit Schutzmaske.«

Für das Entsprechende auf jüdischer Seite brauche es aber mehr, nämlich einen Minjan, also zehn Männer – und das sehe man problematisch, weil es im Haus nur wenige jüdische Bewohner gibt, die meisten Beter also von außen kommen müssten.

Auch wenn im Holbeinhof derzeit keine jüdischen Gebete stattfinden, habe man doch mit Rabbiner Jakob Pertsovsky, der auch als Maschgiach arbeitet, jemanden im Haus, der sich um die religiösen Bedürfnisse der jüdischen Bewohner kümmert, sagt Studer. Und für diejenigen, die noch rüstig sind, sei außerdem die Synagoge der Israelitischen Gemeinde in Gehdistanz.

ANDACHT In allen Heimen versucht man, den jetzigen Zustand auch dadurch zu entspannen, dass am Schabbat zumindest eine Art Andacht stattfindet, das heißt kurze Gebete sowie eine Lesung aus dem Chumasch statt der eigentlichen Toralesung.

Und obwohl man sich mitten in der Sommerpause befindet, hat in allen Heimen schon das Nachdenken darüber begonnen, wie man trotz Corona an den Hohen Feiertagen im Herbst Gottesdienste durchführen kann.

Da seien vielleicht auch originelle Ideen gefragt, meint Michael Sutter: »Vielleicht muss der Schofar von draußen geblasen werden, vom Hof aus – mit genügend Sicherheitsabstand.«

USA

Modisch und menschlich

Seit 25 Jahren betreibt Allison Buchsbaum eine Galerie für zeitgenössischen Schmuck in Santa Fe. Für die Expertin von internationalem Ruf ist es nun auch ein persönlicher Neuanfang

 22.10.2024

Großbritannien

»Zionistisch und stolz«

Phil Rosenberg, der neue Chef des Board of Deputies of Jews, über den Kampf gegen Judenhass, das Verhältnis zu muslimischen Kollegen seit dem 7. Oktober und Optimismus

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  20.10.2024

Südafrika

Terroristin auf dem Straßenschild?

In Johannesburg soll eine wichtige Hauptverkehrsstraße nach der Flugzeugentführerin Leila Chaled benannt werden

von Michael Thaidigsmann  16.10.2024

New York

Versteck von Anne Frank wird in Originalgröße nachgebaut

Rekonstruktion soll zum 80. Jahrestag der Befreiung des deutschen Konzentrationslagers Auschwitz in New York zu sehen sein

von Annette Birschel  16.10.2024

Österreich

Wenn der Rebbe keltert

Der Wiener Rabbiner Schlomo Hofmeister kauft jedes Jahr bei einem Winzer im Burgenland Trauben und produziert seinen eigenen koscheren Wein. Ein Ortsbesuch in Gols

von Tobias Kühn  16.10.2024

Lufthansa

Millionenstrafe wegen Diskriminierung von Juden

Die USA sanktionieren die Airline wegen des Ausschlusses von 128 jüdischen Fluggästen vom Weiterflug nach Ungarn

 16.10.2024

Indien

Kosher Mumbai

Mithilfe der »Jewish Route« soll in der indischen Metropole der reichen jüdischen Vergangenheit gedacht und eine Brücke zur Gegenwart geschlagen werden

von Iris Völlnagel  15.10.2024

Ungarn

Identitäten im Dilemma-Café

»Haver« nennt sich eine Stiftung, deren Ziel es ist, nicht-jüdischen Jugendlichen durch Spiele und moderierten Diskussionen das Judentum näherzubringen

von György Polgár  14.10.2024

Ungarn

Willkommen in Szarvas!

Einen Sommer über haben Kinder aus Osteuropa, aber auch aus Israel oder der Türkei in Szarvas neben Spaß und Spiel auch Stärke und Resilienz tanken können

von György Polgár  14.10.2024