Frankreich

Schoa-Überlebender vermacht dem Dorf seiner Retter Millionenerbe

Yad Vashem würdigte zahlreiche Bürger von Chambon-sur-Ligne als »Gerechte unter den Völkern« Foto: dpa

Die 2500-Einwohner-Gemeinde Chambon-sur-Lignon , 100 Kilometer südwestlich von Lyon gelegen, ist beschenkt worden. Eric Schwam, der in Wien geboren und als Jude vor den Nazis fliehen musste, hat aus Dankbarkeit für seine und die Rettung seiner Familie dem Ort im französischen Zentralmassiv ein Millionenvermögen hinterlassen.

Schwam war im Dezember im Alter von 90 Jahren verstorben, seine Frau Colette wenige Monate zuvor, im Januar 2020. Die beiden hatten keine direkten Nachkommen.

Über die Höhe des Nachlasses gab es von offizieller Seite zunächst keine Auskunft. In Medienberichten war aber die Rede von rund zwei Millionen Euro.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die Familie von Schwam war Ende 1942 oder Anfang 1943 nach Chambon-sur-Lignon gekommen. Der Ort und sein Umland waren während des Zweiten Weltkriegs Zufluchtsziel für rund 5000 Flüchtlinge. Zwei Drittel davon waren Juden aus Deutschland und anderen von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten.

YAD VASHEM Ab 1942 wurden auf die Initiative eines protestantischen Pastorenehepaares hin in Chambon und Umgebung jüdische Kinder aufgenommen, denen die Deportation in die deutschen Konzentrationslager drohte. Sie wurden in Wohnhäusern, auf Bauernhöfen und sogar in öffentlichen Gebäuden versteckt. Wenn Razzien der deutschen Besatzer drohten, mussten sie sich in den Wäldern verstecken.

Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem würdigte die Region um Chambon-sur-Lignon 1990 für die Rettung zahlreicher Juden während des Holocaust. 59 Einzelpersonen und Paare wurden darüber hinaus als »Gerechte unter den Völkern« geehrt. Zudem erinnert in Yad Vashem ein Ort an den Mut der örtlichen Bevölkerung .

Auch Eric Schwam verbrachte den Rest seiner Schulzeit bis 1950 in Chambon. Seine Eltern, der Arzt Oskar Schwam und dessen Frau Malcie, gingen nach dem Krieg wieder nach Wien zurück. Sie sind auf dem dortigen Zentralfriedhof begraben. Eric dagegen blieb in Frankreich. Er nahm ein Studium in Lyon auf, heiratete später Colette und arbeitete lange Jahre als Labortechniker und Pharmakologe.

BILDUNG 2013 wandte sich das Ehepaar Schwam an das Rathaus von Chambon, um die Möglichkeit eines Nachlasses zugunsten der Gemeinde auszuloten. Das Geld solle für die Unterstützung jungen Menschen benützt werden. In seinem Testament, das auf den 9. November 2020 datiert ist, schrieb Eric Schwam, er wolle den Dorfbewohnern »für die Aufnahme danken, die mir viele bereitet haben, vor allem, was die Bildung angeht.« Er bat darum, das Geld zur Finanzierung von Stipendien und Schulen vor Ort zu verwenden. Auch Hilfen für Kleinunternehmer könnten daraus finanziert werden.

Größere Beiträge sollen aber an drei Stiftungen gehen, die Mitarbeiter im Gesundheitswesen, an Leukämie erkrankte Kinder sowie den Tierschutz unterstützen, teilte das Rathaus von Chambon-sur-Lignon in einer Pressemitteilung mit. Der Gemeinderat will im Februar über die genaue Verteilung des Schwam-Nachlasses beraten. mth

Spanien

Mallorca als Vorbild

Das Stadtparlament von Palma hat eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet – anders als der Rest des Landes

von Sabina Wolf  26.07.2024

Sport

Der Überflieger

Artem Dolgopyat ist in Israel ein Star. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann der Turner Gold, 2023 wurde er Weltmeister. Nun tritt er in Paris an

von Martin Krauß  26.07.2024

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Frankreich

»Man ist schließlich französisch«

Ganz Paris feiert die Olympischen Spiele. Ganz Paris? Nicht alle Juden fühlen sich vom erwünschten »Wir-Effekt« angesprochen. Denn das Land bleibt zerrissen

von Sophie Albers Ben Chamo  25.07.2024

USA

Die zweite Wahl?

Mit dem Rückzug von Joe Biden und der Kandidatur von Kamala Harris könnte das Rennen um die Präsidentschaft noch einmal richtig spannend werden

von Michael Thaidigsmann  24.07.2024

Jüdische Emigration

Die Niederlande - Ein Ort der Zuflucht für Juden?

Die Historikerin Christine Kausch nimmt das Leben jüdischer Flüchtlinge in den Blick

von Christiane Laudage  24.07.2024

Vor 80 Jahren

Von Rhodos nach Auschwitz

1944 wurden 2000 Jüdinnen und Juden von Rhodos nach Auschwitz deportiert. Nur wenige überlebten

von Irene Dänzer-Vanotti  23.07.2024

Jerusalem

Nach Gaza entführter Holocaust-Experte für tot erklärt 

Der Historiker Alex Dancyg ist in der Geiselhaft umgekommen

 22.07.2024