Wien

Schmerzvolle Erinnerungen

Terroranschlag auf die Synagoge in der Wiener Seitenstettengasse am 29. August 1981 Foto: ullstein bild - Imagno / Votava

Am Montagabend zeigte der österreichische Fernsehsender ORF 2 den letzten Teil der britisch-österreichischen Fernsehserie Vienna Blood, der in Wien zur Zeit des Bürgermeisters Karl Lueger spielt und in dem auch der Antisemitismus thematisiert wird. Plötzlich wurde der Film wegen eines Terroranschlags in der Wiener Innenstadt unterbrochen.

Sehr schnell wurde bekannt, dass einer der Hauptschauplätze die Seitenstettengasse war, in der sich nicht nur die 1826 eröffnete Synagoge, sondern auch das Haus der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), das jüdische Gemeindezentrum sowie ein koscheres Restaurant befinden.

»EXZESSE« Bereits vor fast 40 Jahren, am 29. August 1981, einem Samstag, wurde diese Synagoge von zwei palästinensischen Terroristen angegriffen. Den Sicherheitsleuten gelang es, das Tor zur Synagoge zu sperren.

Auf der Straße ermordeten die Terroristen eine junge schwangere Jüdin, die sich auf ihren Kinderwagen warf, um ihr Kind zu schützen.

Doch auf der Straße ermordeten die Terroristen eine junge schwangere Jüdin, die sich auf ihren Kinderwagen warf, um ihr Kind zu schützen, sowie ein älteres Mitglied der IKG. Dem Leibwächter eines jüdischen Unternehmers gelang es, einen der beiden Terroristen zu verletzen.

Die sozialdemokratische Arbeiter-Zeitung (AZ) berichtete damals, dass von Bundeskanzler Bruno Kreisky die »unnachgiebige Haltung der Regierung Begin gegenüber den Palästinensern, für solche Exzesse verantwortlich gemacht« wurde.

VERHARMLOSUNG Blutigen Terror als Ausschreitung zu beschreiben, ist eine beschönigende Ausdrucksweise. Kreisky hat die antijüdischen Emotionen, die diesem Terror als Triebkraft dienten, konsequent verharmlost, indem er etwa meinte, dass »die arabische Gegnerschaft zu den Juden nichts mit Antisemitismus zu tun« habe.

Viele Österreicher leugneten den damals weit verbreiteten Antisemitismus mit der Begründung, »wir haben doch einen jüdischen Bundeskanzler«.

Der Sozialdemokrat Kreisky hatte den ehemaligen SS-Mann Friedrich Peter verteidigt und Simon Wiesenthal angegriffen, was den Rechtsextremen genauso gefiel wie seine Sprüche über Israel und »die Juden«. Viele Österreicher – nicht nur Rechte – leugneten den damals weit verbreiteten Antisemitismus mit der Begründung, »wir haben doch einen jüdischen Bundeskanzler«.

Nach Kreiskys Rücktritt 1983 musste Österreich sich wegen Kurt Waldheim, dem ehemaligen Generalsekretär der UNO, der in der Wehrmacht nur seine »Pflicht getan« hatte, und wegen FPÖ-Chef Jörg Haider mit dem Antisemitismus auseinandersetzen. Um die Jahrtausendwende wurde offensichtlich, dass die meisten Österreicher damit nicht mehr mobilisiert werden konnten, und auch das Verhältnis zu Israel änderte sich.

REGIERUNGSPROGRAMM Die Anfang dieses Jahres angelobte konservativ-grüne Regierung hat im Regierungsprogramm den Kampf gegen Antisemitismus festgeschrieben. Österreich trete »entschieden gegen die Verfolgung von Minderheiten, Rassismus sowie gegen Antisemitismus und Antizionismus auf«.

Weiter heißt es im Programm: »Österreich hat eine besondere historische Verantwortung und aktuelle Verbindung zum Staat Israel. Wir bekennen uns zum Staat Israel als jüdischem und demokratischem Staat sowie zu dessen Sicherheit. Das Existenzrecht Israels darf nicht infrage gestellt werden. Österreich wird Initiativen und Resolutionen in internationalen Organisationen nicht unterstützen, die dem oben genannten Bekenntnis Österreichs zu Israel zuwiderlaufen.«

Im Gegensatz zur Vergangenheit haben Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine Regierung Täter und Hintergrund klar benannt.

Der Terroranschlag am 2. November kam gerade vor Beginn des zweiten und zum Teil schärferen Lockdowns wegen Covid-19. Die Regierung hat deswegen zum Zusammenhalt aufgerufen.

Im Gegensatz zur Vergangenheit haben Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine Regierung Täter und Hintergrund klar benannt. Die islamistischen Terroristen werden den Zusammenhalt der österreichischen Gesellschaft und die liberale Demokratie nicht zerstören können.

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  10.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025