USA

Schlafanzugbibliothek

Im Angebot: »Oma und Opa besuchen Maja«. Foto: screenshot JA

Bekanntlich gibt es in Amerika ein ungeschriebenes Gesetz, das da lautet: Du sollst keine Fremdsprachen sprechen – und wenn doch, dann höchstens eine, und die mit einem grauenhaften Akzent. Dieses Gesetz gilt für alle Bevölkerungsschichten im gleichen Maße, also auch für Juden.

Allerdings gibt es eine (im Vergleich zur Größe der Nation) winzige Gruppe, die sich jener Regel hartnäckig widersetzt: die Amerikaner israelischer Herkunft. Ungefähr eine halbe Million von ihnen soll es geben, die exakte Zahl kennt natürlich niemand. Viele sind im Israeli American Council organisiert, laut Eigenwerbung der größte Verein, der sich um ihre Anliegen kümmert.

Nachwuchs Selbstverständlich geht der Israeli American Council gegen antizionistische Propaganda aller Art vor. Beinahe noch wichtiger ist aber, dass diese Organisation sich darum kümmert, die kulturellen Verbindungen amerikanischer Israelis zum Mutterland im fernen Nahen Osten aufrechtzuerhalten. Dazu gehört auch, dass man dem Nachwuchs in Amerika beibringt, Hebräisch zu sprechen.

Der Israeli American Council bietet deshalb einen Service an, der »Sifrijat Pyjama b’Amerika« heißt – zu Deutsch: »Schlafanzugbibliothek in Amerika«. Dieser Service versorgt ungefähr 10.000 Familien pro Monat mit kostenlosen Bilderbüchern für die Kleinen im Alter von zwei bis acht Jahren. Im Angebot für 2014 ist laut Website unter anderem: Anaschim Towim (Gute Leute) von Naomi Schemer, Ha-Kaenguru Ha-Kachol Schel Maja (Majas blaues Känguruh) von Emma Chechester, Zafuch Babait (Eng zu Hause) von Efraim Sidon.

Allerdings soll man mit der Zeit gehen, es gibt ja längst nicht mehr nur Bücher aus Papier. Deswegen hat die israelisch-amerikanische »Schlafanzugbibliothek« ihr Angebot kürzlich erweitert: Sie arbeitet jetzt mit einer Webseite zusammen, die sich »Storyly« nennt und bietet dort freie Mitgliedschaften an. Storyly macht es möglich, dass den Kleinen Audiobooks online vorgelesen werden.

Die Website erlaubt aber auch, dass Familienangehörige in Israel ihren amerikanischen Neffen, Nichten oder Enkelkindern jene Bilderbücher vorlesen, während diese gemütlich in ihren Spielzimmern sitzen. Der Bildschirm teilt sich dabei: Auf der einen Hälfte erscheint das jeweils angeklickte E-Book, auf der anderen Hälfte können Vorlesende und Publikum einander sehen.

Werte »Unsere Partnerschaft mit Storyly ermöglicht uns, die Reichweite unseres freien Netzwerks entscheidend zu erweitern«, sagte Adam Milstein. Er steht der israelischen »Schlafanzugbibliothek« für Kleinkinder als Vizepräsident vor. »Sie macht uns zur Avantgarde der israelisch-amerikanischen Gemeinde, indem sie unsere Kinder im digitalen Zeitalter mit der hebräischen Sprache, der israelischen Kultur und israelischen Werten verbindet. Jetzt können unsere Kinder sich mit Freunden und Familienangehörigen in Israel austauschen, ganz gleich, wo wir sind, während sie zusammen auf dem iPad oder dem Computer hebräische Geschichten lesen.«

Bei denen, auf die es dabei am meisten ankommt – den Eltern der Kinder nämlich – scheint diese Initiative gut anzukommen. Sie wissen offenbar zu schätzen, dass hier Neues mit Altem, Hochtechnologie und Tradition, Computerzeitalter, jüdisches Lernen und jüdischer Familiensinn miteinander verknüpft werden.

Sharon Rechter aus Los Angeles, Mutter von zwei kleinen Töchtern im Alter von sieben und vier Jahren, gab zu Protokoll: »Storyly führt israelische Geschichten-Zeit in unserem amerikanischen Zuhause ein. Meine Kinder lieben es, weil großartige Bücher angeboten werden. Und mir gefällt, dass es sich so anfühlt, als würden unsere Familie in Israel und unsere Familie hier in einem großen Zimmer zusammensitzen und ein Lesevergnügen miteinander teilen.«

Man mag sich vorstellen, dass andere Gruppen in Amerika diesem Beispiel folgen. So könnte es vielleicht gelingen, das ungeschriebene Gesetz, dass Amerikaner keine Fremdsprachen beherrschen, wenn schon nicht aufzuheben, dann doch immerhin zu lockern. hs

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

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