Frankreich

Rückkehr nach sechs Jahren

Auch diesmal hat es ein Aschkenase an die Spitze geschafft. Die französisch-jüdische Dachorganisation CRIF (Conseil Représentatif des Institutions Juives de France) wählte am Sonntag den 76-jährigen Roger Cukierman zum neuen Präsidenten. Er wird Nachfolger von Richard Prasquier, der das Amt während der vergangenen sechs Jahre innehatte und laut Statut nicht erneut kandidieren durfte.

Cukierman hatte die Organisation bereits von 2001 bis 2007 geführt und ist derzeit Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses. Er behauptete sich in einer Stichwahl gegen den 50-jährigen Arié Bensemhoun, Präsident der jüdischen Gemeinde von Toulouse. Cukierman erhielt im zweiten Wahldurchgang 61 Prozent der Stimmen, sein Konkurrent 39 Prozent. Wahlberechtigt waren 152 Personen aus den 72 Regionalverbänden des CRIF.

Paris Der neue Präsident gilt als nicht besonders religiös und eher rechtsgerichtet. Seine Eltern wanderten 1932 aus Polen aus und ließen sich in Paris nieder. Einige seiner Verwandten wurden im Vernichtungslager Treblinka ermordet.

Kurz nach der Wahl am Sonntag versprach Cukierman, sein Mandat in den Dienst eines »unerbittlichen, ständigen und entschlossenen Kampfes gegen den Antisemitismus und für den Respekt der Erinnerungsarbeit« zu stellen.

Die Zahl antisemitischer Gewaltakte hat in Frankreich in den vergangenen Jahren stark zugenommen. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP sagte Cukierman, dass die Merah-Terroranschläge im März 2012 ein Schock für ihn gewesen seien: »In Toulouse und Montauban handelte es sich um Mord an jüdischen Kindern und an Soldaten. Das beweist, dass Antisemitismus nicht das Problem der Juden, sondern ein Problem Frankreichs ist.«

Consistoire Der neue Präsident sagte kürzlich, er wünsche sich eine strukturelle Veränderung: Das Zentralkonsistorium solle unter das Dach des CRIF zurückkehren. Die religiöse Institution war 2004 nach Differenzen ausgetreten. »Ich werde mich darum bemühen und hoffe, dass das Consistoire die ausgestreckte Hand annimmt. Unter den derzeitigen Umständen bedeutet Einheit Stärke.« Cukierman möchte außerdem einen »starken, unabhängigen CRIF, der der Zivilgesellschaft offen steht«.

Neben Cukierman und Bensemhoun waren zur Wahl um das Pariser Spitzenamt am Sonntag auch François Guggenheim, Delegierter des CRIF der Region Poitou-Charentes, sowie Gil Taïeb, Vizepräsident des jüdischen Sozialfonds, angetreten. Doch beide schieden bereits im ersten Wahlgang aus.

Moshe Kantor, der Präsident des europäischen jüdischen Kongresses (EJC), gratulierte dem neuen CRIF-Chef und lobte: »Herr Cukierman besitzt das Wissen und die Erfahrung, die die Juden in den nächsten Jahren brauchen werden. Er hat die französischen Juden in der Vergangenheit repräsentiert, und wir freuen uns darauf, eng mit ihm zusammenzuarbeiten.«

Antisemitismus Auf jeden Fall besitzt Cukierman bereits Erfahrung im Kampf gegen Antisemitismus. Im Zusammenhang mit der zweiten Intifada zu Beginn seiner ersten Amtszeit war es ebenfalls zu einer Welle antijüdischer Gewalt gekommen. Cukierman erreichte 2006, dass die französische Regierung den Mord an dem 23-jährigen Ilan Halimi durch eine Pariser Vorstadtgang nach anfänglichem Zögern als barbarischen antisemitischen Akt anerkannte.

Doch es erheben sich auch kritische Stimmen gegen Cukierman. Manche werfen ihm eine zu traditionelle Orientierung vor, während sie den Kandidaten aus Toulouse, Arié Bensemhoun, für einen Modernisierer halten. »Muss man daraus schließen, dass der CRIF eine konservative und veraltete Einrichtung ist, die den Bedürfnissen der französischen Juden nicht mehr entspricht?«, fragte ein nicht namentlich genannter Gemeindevertreter in der Tageszeitung Le Monde. Der Blogger Jacques Oligo schreibt auf mediapart.fr, Cukierman stehe für ein Judentum, das es »nicht geschafft hat, sich an die Entwicklungen der vergangenen Jahre anzupassen«.

Manche erinnern dieser Tage daran, wie Cukierman 2003 beim traditionellen Jahresempfang des CRIF für einen Skandal gesorgt hatte. Er sprach damals von einer »braun-grün-roten Allianz«, als er der extremen Rechten, den Grünen sowie linken Parteien in einem Atemzug Antizionismus attestierte.

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025