Film

Roter Stern am Schwesternkittel

Sie wohnt in einem bescheidenen Apartment mitten in Tel Aviv. Der Weg, der Eva Vater von Riga hierher geführt hat, war kein einfacher. Die heute 91-Jährige scheint dennoch nichts von ihrer Aktivität und Lebensbejahung eingebüßt zu haben, und auch die »alten« Geschichten sind ihr immer noch sehr nahe. Es sind Geschichten von Krieg und Kampf, Tod und Überleben, von Verwundeten und deren Rettung, von ihrer Arbeit als Frauenärztin und immer wieder auch Geschichten von Liebe.

Lange haben die vielen Begebenheiten, von denen Eva Vater erzählen kann, kaum jemanden interessiert. Nun kommt ein Dokumentarfilm über ihr Leben in die deutschen Programmkinos: CECTPA (russisch: »Schwester«) haben die Regisseure Claudia Krieg, Markus Bauer und Frank Olias ihren Streifen genannt. Er zeichnet das Porträt einer jung gebliebenen Frau, die ihr Leben lang gekämpft hat.

Rote Armee Eva Vater wurde 1922 im lettischen Riga geboren. Im Juni 1941 wurde sie mit einem der letzten Rotarmee-Transporte für junge Kommunisten aus der von den Deutschen besetzten Stadt geholt und ließ sich in einem sowjetischen Militärlager zur Krankenschwester ausbilden. Bis zum Ende des Krieges diente sie in einer Sanitätseinheit. Ihr Bruder Juri fiel als Rotarmist, ihre Eltern wurden im Wald von Rumbula bei Riga erschossen.

Schon während des Krieges begann sie, für die Zeitung ihrer Kompanie zu schreiben, und bis heute ist das Schreiben eine Konstante in ihrem Leben geblieben. Recherchiert und aufgeschrieben hat sie Geschichten, die allzu schnell in Vergessenheit gerieten, vor allem die jener lettischen Juden, die im Zweiten Weltkrieg in der Roten Armee gekämpft haben. »Ich dachte, das müssen alle wissen«, kommentiert Vater ihre Aufgabe.

Momentan arbeitet sie an einem Buch über jüdische Professoren in Lettland. Ungefähr 400 Namen hat sie bereits recherchiert: Darunter sind Ärzte, Chemiker, Mathematiker, Juristen, Schriftsteller und Ingenieure.

Kämpferin Eine vergessene Geschichte zu erzählen, aber auch das bis heute Kämpferische an Eva Vater herauszustellen, war die zentrale Absicht der Filmemacher. Sie fanden eine sehr bildhafte Erzählweise, mit der sie Eva Vaters Leben eindringlich und in angemessener Form darstellen und den einzelnen Erinnerungen jenen Raum bieten, den sie benötigen, um sich zu entfalten. Interviewsequenzen wechseln sich ab mit Alltagsszenen aus dem heutigen Leben Tel Avivs. Auch wenn der Zusammenhang zwischen diesen Szenen und der porträtierten Person diffus bleibt, gelingt es dem Film, eine ruhige Atmosphäre zu schaffen und die dicht erzählten Episoden aufzulockern.

Es sind nicht die üblichen Heldengeschichten, die hier erzählt werden. Verdeutlicht wird stattdessen vor allem eines: wie es war, als Jüdin in Lettland zu leben, als Frau in der Roten Armee zu kämpfen und bis heute mit den Erinnerungen daran zu leben.

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  24.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025