Olympische Spiele

Rio reibungslos

Sicherheitspartner: Ein Hubschrauber überwacht das Geschehen am Arpoador-Strand in Rio de Janeiro, um Überfälle zu verhindern. Foto: dpa

Ein Blick in Brasiliens Medien genügt: Rio de Janeiro ist für uns eine ganz besondere Herausforderung», betont Ron Shafran, Vizepräsident des israelischen Unternehmens International Security & Defence Systems (ISDS). Ausgerechnet in den letzten Monaten vor dem Wettkampfstart wird die Zuckerhutmetropole von einer erschreckenden Gewaltwelle heimgesucht.

Laut brasilianischen Medien sind in 21 Stadtvierteln derzeit 15 regelrechte Kriege zwischen verfeindeten Banditenkommandos des organisierten Verbrechens im Gange, die auch über Raketen und schwere Maschinengewehre zum Abschießen von Hubschraubern und Flugzeugen verfügen. In der Sechs-Millionen-Stadt kommen diese Kriege bis zu acht Kilometer an die Stadien heran. Es gibt Gefechte direkt an der Guanabara-Bucht, in der die Segelwettkämpfe stattfinden sollen, und fast täglich Schießereien auf der Stadtautobahn zum internationalen Flughafen, wenn Gangster den Verkehr stoppen und Autofahrer ausrauben.

Verbrechen «Eine Stadt, beherrscht von der Angst», titeln Rios Zeitungen. Unruhen, Granatenexplosionen, verirrte Kugeln – zur Machtdemonstration lässt das organisierte Verbrechen regelmäßig Nahverkehrsbusse abfackeln und Supermärkte plündern. Seit Jahresanfang wurden mehr als 40 Polizisten bei Feuergefechten und Anschlägen getötet.

Für die ISDS-Teams am Zuckerhut ist das eine bislang einmalige Situation. Sie verlangt zudem viel politisches Fingerspitzengefühl, da dem Bundesstaat Rio de Janeiro infolge der tiefen Wirtschaftskrise derzeit sogar Geld für Löhne und Renten fehlt und drastische Sparmaßnahmen auch zu chaotischen Zuständen in Krankenhäusern und Schulen führen. Rios Sicherheitschef José Beltrame räumt ein: «Ja – wegen der Krise fehlen uns Mittel für den Kampf gegen Gewalt und organisierte Kriminalität.»

Umso mehr Verantwortung trägt da zwangsläufig das vor 34 Jahren gegründete israelische Unternehmen ISDS. Austragungsorte sind neben Rio vier weitere Bundesstaaten wie São Paulo und Minas Gerais. Auch dort ist die Sicherheitslage nicht viel besser.

Rechten und rechtsextremen Kräften vor allem in diesen Bundesstaaten gelang es, eine Regierungskrise loszutreten, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Staatschefin Dilma Rousseff zu starten, ihre Minister wegzuschicken und eine alles andere als ehrenhafte und kompetente Übergangsregierung zu installieren. Sämtliche Abmachungen haben das Internationale Olympische Komitee und Israels ISDS mit der Rousseff-Regierung getroffen – von den neuen Leuten in Brasilia erwartet man nicht allzu viel.

BDS-Propaganda Bizarr wirkt, wenn angesichts solcher Gefahren und Risiken die anti-israelische Boykottbewegung BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) ausgerechnet gegen das israelische Sicherheitsunternehmen mobilmacht und Gerüchte streut: Die Regierung in Brasilia habe ISDS von jeglicher Kooperation bei den Olympischen Sommerspielen ausgeschlossen und damit auf eine Kampagne palästinensischer Aktivisten sowie 30 brasilianischer Sozialbewegungen reagiert, heißt es in Presseerklärungen.

Falsch – konterte vor wenigen Tagen Brasiliens jüdischer Dachverband CONIB. Das Unternehmen ISDS erledige laut Vertrag seine bewährte Arbeit auch 2016, ebenso wie bei den Olympischen Sommerspielen in Barcelona (1992), Sidney (2000) oder Athen (2004).

Soweit bekannt, bringt ISDS laut Vertrag Sicherheitstechnologie nach Rio, beispielsweise zum Aufspüren von Bomben und Waffen etwa in Taschen. Zudem sind die israelischen Spezialisten zuständig für das Aufklären von Bedrohungen, das Ausschalten von Risiken sowie für Rettungsaktionen im Falle von Attentaten oder Entführungen.

Darüber hinaus soll ISDS die Zusammenarbeit der verschiedensten in Rio konzentrierten Polizeieinheiten koordinieren. Kleine und mittlere Spezialfirmen aus Israel sind als Partner mit im Boot – dieser Tage laufen bereits die Sicherheitstests auf dem Olympiagelände. Das Massaker von München 1972 ist unvergessen, als die palästinensische Terrorgruppe «Schwarzer September» elf israelische Sportler ermordete.

Trotz all der Sicherheitsvorkehrungen bleiben immer noch beträchtliche Risiken. Brasiliens Regierung rechnet außerdem mit heftigen Straßenprotesten ähnlich wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft vor zwei Jahren. Und dann auch noch das: In Rio de Janeiro soll in einem Slum eine 16-Jährige von mehr als 30 Männern vergewaltigt worden sein. Dies weist auf einen weiteren, bislang wenig beachteten Sicherheitsaspekt hin. ISDS steht vor großen Herausforderungen.

Stockholm

Wirtschaftsnobelpreis geht auch an jüdischen Ökonom

Joel Mokyr, Philippe Aghion und Peter Howitt werden für ihre Forschung zu nachhaltigem Wachstum geehrt

 13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025

Malibu

Kiss-Sänger Gene Simmons bei Unfall verletzt

Der 76-Jährige soll hinter dem Steuer das Bewusstsein verloren haben

 10.10.2025

Meinung

Außen hui, innen pfui: Trumps Umgang mit den Juden

Während sich der US-Präsident um die Juden in Israel verdient macht, leidet die jüdische Gemeinschaft im eigenen Land unter seiner autoritären Innenpolitik. Das sollte bei aller Euphorie über den Gaza-Deal nicht vergessen werden

von Joshua Schultheis  09.10.2025

Literatur

Nobelpreis für Literatur geht an László Krasznahorkai

Die Literaturwelt blickt erneut gebannt nach Stockholm. Dort entscheidet man sich diesmal für einen großen Schriftsteller aus Ungarn - und bleibt einem Muster der vergangenen Jahre treu

von Steffen Trumpf  09.10.2025

Italien

»Mein Sohn will nicht mehr Levy heißen«

Wie ist es in diesen Tagen, Jude in einer europäischen Metropole zu sein? Ein Besuch bei Künstler Gabriele Levy im jüdischen Viertel von Rom

von Nina Schmedding  06.10.2025

Großbritannien

Empörung über Israels Einladung an Rechtsextremisten

Jüdische Verbände und Kommentatoren in Großbritannien sind entsetzt, dass Diasporaminister Chikli und Knesset-Sprecher Ohana ausgerechnet nach dem Anschlag von Manchester einen rechten Agitatoren hofieren

von Michael Thaidigsmann  06.10.2025

Türkei

»Zionist«: Robbie-Williams-Konzert in Istanbul am 7. Oktober abgesagt

Die Stadt verweist auf Sicherheitsbedenken – zuvor gab es online massive Proteste wegen jüdischer Familienbezüge des Musikers

 05.10.2025

7. Oktober

Ein Riss in der Schale

Wie Simchat Tora 2023 das Leben von Jüdinnen und Juden verändert hat

von Nicole Dreyfus  05.10.2025