Lateinamerika

Quinoa auf dem Sedertisch

Glutenfrei und reich an Mineralien: Quinoa Foto: Thinkstock

Hurra – das Pessachmenü ist soeben um eine Zutat reicher geworden: Quinoa. Die weltbekannte Agentur für Koscherzertifikate OU hat im März offiziell bekannt gegeben, dass Quinoa (ausgesprochen Kinoa) koscher für Pessach ist. Die Star-K-Koscheragentur hatte das indianische Pseudogetreide zwar schon 1997 als koscher lePessach erklärt, aber viele Rabbiner befürchteten, es könne sich um Kitnijot handeln: Hülsenfrüchte, die während Pessach für Aschkenasim verboten sind.

Geschichte Die Conquistadores, die um 1530 in die Berge Südamerikas kamen, hielten nicht viel von der Quinoa-Pflanze. Einer von ihnen, der spanische Erkundungsfahrer Francisco Pizarro (1478–1541), ließ viele Felder gar zerstören. Er wollte damit die heidnischen Bräuche der Inkas unterbinden, die in fast allen ihren Zeremonien Quinoa verwendeten.

Früher in der westlichen Welt nur ernährungsbewussten Verbrauchern bekannt, ist Quinoa in den vergangenen Jahren derart populär geworden, dass die UNO das Jahr 2013 zum internationalen Quinoa-Jahr erklärte. Quinoa, eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt, gehört zur Familie der Gänsefußgewächse und ist mit Spinat und Roter Bete verwandt. Die ein bis zwei Millimeter großen Samen enthalten viele Proteine, Kalzium und Eisen – aber sie sind glutenfrei und dadurch leicht verdaulich. Quinoa kommt überall in den Gebirgsgegenden Südamerikas vor, da die Pflanze besonders gut auf kargem Boden in luftiger Höhe gedeiht und mit wenig Wasser auskommt. Landwirte vor allem in Ecuador, Bolivien und Peru exportieren sie auch nach Europa.

Boom Als in den USA Ende der 70er-Jahre ein paar Unternehmer in den Rocky Mountains Quinoa anbauten, gab es unter den südamerikanischen Quinoa-Bauern, die um ihre wichtige Einnahmequelle fürchteten, einen großen Aufschrei. Der Protest wurde mit der wachsenden Beliebtheit dieses Korns Mitte der 90er-Jahre nur noch stärker. Daraufhin kam es zu einer Übereinkunft, dass der Großteil der Quinoa-Ernten weiterhin in Südamerika produziert werden soll, da die Bauern in den Anden keine wirtschaftlichen Alternativen haben, denn in diesen Höhen und der Kälte gedeihen kaum andere Pflanzen. In der Tat hat sich der Lebensstandard seit dem Quinoa-Boom für die Andenbewohner erheblich verbessert.

Die Blätter der Pflanze eignen sich für die Zubereitung von Salat, und die getrockneten Samen lassen sich zu Mehl verarbeiten – schon kann man für Pessach eine Pizza backen oder Nudeln herstellen. Die Samen lassen sich auch als Getreide- oder Reisersatz verwenden. Manche essen Quinoa im Müsli, kochen daraus Grütze oder bereiten damit Popcorn zu – das Internet ist voller Rezeptideen.

Bracha Laut Rabbiner Yisroel Pinchas Bodner, dem Autor von Halachot of Brochos (Feldheim Publishers), ist der korrekte Segensspruch für gekochte Quinoa »borei peri ha’adama« und für die Bracha Acharona, den Abschlusssegen, »borei nefaschot«. Wenn aus Quinoa-Mehl Kuchen oder Pizzen gebacken werden, ist »schehakol« die entsprechende Bracha.

Der Berliner Rabbiner Shlomo Afanasev betont, wie wichtig es ist, dass man trotz allem für Pessach nur Quinoa-Produkte kaufen darf, die mit einem entsprechenden Koscherstempel versehen sind, wie zum Beispiel dem OU-P oder dem K Star-P. Der Grund dafür ist, dass die Quinoa-Ernten häufig mit Gerste und anderen Getreidesorten überdeckt werden, um sie vor Vögeln zu schützen, so hofft man nämlich, dass die Vögel die relativ billige Gerste fressen und nicht die viel teurere Quinoa.

Zudem werden häufig Transportsäcke verwendet, in denen sich vorher anderes Getreide befand. Deshalb bedarf es einer Kontrolle, ob auch jedes Mal frische Säcke benutzt wurden. Auch werden die Quinoa-Körner häufig mit denselben Maschinen verarbeitet wie die Getreidekörner. Wenn die Maschinen also zwischen den Verarbeitungsgängen nicht sorgsam gereinigt wurden, könnte es durchaus vorkommen, dass Chametz (Gesäuertes) doch noch seinen Weg in die Quinoa-Packung findet.

Für dieses Pessach heißt das Motto also: »Weniger Kartoffel und mehr Quinoa«. Das ist nicht nur abwechslungsreich und lecker, sondern auch gesünder.

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  24.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025