USA

Prügel für den Get

Eine verheiratete Frau gilt erst dann als geschieden, wenn der Ehemann ihr einen Scheidebrief ausstellt. Foto: Thinkstock

Die Halacha weist bekanntlich eine empfindliche Lücke auf: Eine verheiratete Frau gilt erst dann als geschieden, wenn ihr Ehemann ihr einen Scheidebrief ausstellt, einen »Get«. Verweigert er ihr das Schriftstück, ist die Frau mit den Ketten des Rechts an ihren Mann gefesselt, solange er lebt.

Historisch wurde dieses Problem mitunter so gelöst, dass der Rabbi ein paar kräftige junge Männer bei dem unwilligen Ehemann vorbeischickte, die ihm handgreiflich klarmachten, dass es in seinem eigenen Interesse lag, seiner einstmals Zukünftigen einen Get auszustellen.

In Brooklyn sind ein paar Rabbiner nun offenbar ein bisschen weiter gegangen. Hier stehen der 68-jährige Mendel Epstein und der 55-jährige Martin Wolmark, der einer Jeschiwa in dem Städtchen Monsey vorsteht, als Köpfe einer Gruppe von Kidnappern vor Gericht. Mit ihnen zusammen wurden ein gewisser Ariel Potash und ein Mann verhaftet, von dem nur der Vorname bekannt ist: Yaakov. Gegen sechs weitere Männer wird womöglich ebenfalls Anklage erhoben. Der Staatsanwalt wirft ihnen vor, sie hätten in den vergangenen 20 Jahren mehrere Dutzend Ehemänner gekidnappt, nach New Jersey verschleppt, dort gefesselt und mit Elektroschockpistolen gefoltert.

Elektroschocks Gegen Rabbi Epstein war schon in den späten 90er-Jahren Anklage erhoben worden, als eine Gruppe von Männern – angeblich – einen anderen Rabbiner aus Brooklyn mit Namen Abraham Rubin in einen Lieferwagen stieß, als er gerade aus der Synagoge kam. Sie sollen ihm eine Kapuze über den Kopf gezogen und seine Genitalien mit Elektroschocks traktiert haben. Aber diese Anklage war niedergeschlagen worden.

Nun wurde Rabbi Epstein zum Verhängnis, dass eine FBI-Agentin sich als orthodoxe jüdische Frau ausgab, die einen Get brauchte; ein männlicher Agent spielte ihren Bruder. Der Anklageschrift zufolge telefonierten sie zunächst mit Martin Wolmark, der sie an Epstein verwies. Mit ihm trafen sie sich eine Woche später. Bei jenem Treffen habe Rabbi Epstein dann sein Preissystem erläutert: 10.000 Dollar für die rabbinische Genehmigung, Gewalt anzuwenden – 50.000 weitere Dollar für jene harten Jungs mit den langen Bärten, die die schmutzige Arbeit verrichten. »Ich garantiere euch: Wenn er erst einmal in dem Lieferwagen ist, gibt er euch einen Scheidebrief«, soll er zu den FBI-Agenten gesagt haben.

Der Staatsanwalt, ein Joseph Gribko, sagt, Epstein habe aus reiner Gewinnsucht gehandelt. Nachbarn in Brooklyn beschreiben ihn dagegen als hoch geachtete Persönlichkeit und meinen, hier müsse ein Irrtum vorliegen.

Nachruf

Die zwei Leben des Thomas Buergenthal

Seine Kindheit endete abrupt, als er nach Auschwitz deportiert wurde. Nun ist der Richter des Internationalen Gerichtshofs im Alter von 89 Jahren gestorben

von Imanuel Marcus  31.05.2023

Frankreich

Die Suche nach den verlorenen Klavieren

Pascale Bernheim spürt geraubte Instrumente jüdischer Familien auf

von Christine Longin  31.05.2023

USA

Neue Strategie gegen Judenhass

Das Weiße Haus hat den Entwurf eines Plans gegen Antisemitismus vorgestellt. Jüdische Organisationen kritisieren das Papier

 30.05.2023

Jubilare

Henry Kissinger: Die Welt wird sehr turbulent werden

Eine besondere Rolle dabei spiele der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. »Heute wissen wir nicht mehr, was die Maschinen wissen«, sagte er

 25.05.2023

Ukraine

Jüdische Gemeinde holt gestohlene Grabsteine zurück

Die Steine aus dem 18. Jahrhundert wurden unlängst auf dem Hof einer Fabrik gefunden

 25.05.2023

Cannes

Scarlett Johansson: Nutze meine Träume für die Arbeit

Die Darstellerin spielt eine Rolle im neuen Film »Asteroid City« von Regisseur Wes Anderson

 25.05.2023

Porträt

Elder Statesman

Der frühere Außenminister Henry Kissinger ist 100 Jahre alt – und bis heute ein gefragter Mann

von Sebastian Moll  30.05.2023 Aktualisiert

Schweiz

70 Euro für einen Käsekuchen

In den Tagen um das Wochenfest steigt in den Koscherläden der Verkauf heimischer Milchprodukte stark an

von Peter Bollag  25.05.2023

Österreich

»Antisemitismus hat im Islam keinen Platz«

Erstmals besuchten Spitzenvertreter der muslimischen und jüdischen Gemeinschaften gemeinsam Auschwitz-Birkenau

 24.05.2023