Frankreich

Oberrabbiner Gilles Bernheim gibt auf

Zurückgetreten: Oberrabiner Gilles Bernheim Foto: dpa

Eine Plagiatsaffäre erschüttert die jüdische Gemeinde auf der anderen Seite des Rheins. Der französische Oberrabbiner Gilles Bernheim gibt jetzt dem Druck nach und tritt zurück.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der französische Oberrabbiner Gilles Bernheim ein Plagiat in seinem Buch »Quarante méditations juives« (40 jüdische Meditationen) zugegeben. Der Kommunikationswissenschaftler Jean-Noël Darde hatte auf seinem Blog »Archéologie du copier-coller« (archeologie-copier-coller.com) die Affäre ins Rollen gebracht. Doch zunächst stritt Bernheim alles ab.

Bis dahin hatte Gilles Bernheim, der 2008 zum Oberrabbiner gewählt wurde, einen guten Ruf als Modernisierer der jüdischen Gemeinde und Vertreter des Dialogs mit anderen Religionen. Im vergangenen Herbst fiel er durch seine Stellungnahme gegen die geplante Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare auf. Seine Publikation zu diesem Thema wurde sogar von Papst Benedikt XVI. öffentlich zitiert.

Verfehlungen
Am 9. April räumte er dann im Interview mit Radio Shalom mehrere Verfehlungen ein, darunter auch Plagiate in ebendieser Publikation vom Oktober 2012 gegen die Homo-Ehe. In einem weiteren Sammelband habe er Zitate nicht kenntlich gemacht. Er gab ebenfalls zu, den prestigeträchtigen Titel des »Agrégé« nie erlangt zu haben. Biografische Notizen zu seiner Person hätten dies kolportiert, und sein Fehler sei es gewesen, dies nicht zu berichtigen. Er sprach sein Bedauern darüber aus, dass er zunächst alle Plagiatsvorwürfe von sich gewiesen hatte. Er müsse jetzt im Bewusstsein der begangenen Fehler weiterarbeiten. Von Rücktritt wollte er zu diesem Zeitpunkt noch nichts wissen: »Eine solche persönliche Initiative wäre wie desertieren und ein Zeichen von Ehrgeiz«, sagte er. Sein Rücktritt würde auch nicht dem kollegialen Prinzip des jüdischen Zentralkonsistoriums entsprechen.

Am 11. April dann doch die Ankündigung des Zentralkonsistoriums: Im Rahmen einer Sondersitzung wurde der Rücktritt Gilles Bernheims angenommen. Somit ist er mit sofortiger Wirkung von seinen Ämtern entbunden.

Der Präsident des CRIF (Conseil Représentatif des Institutions juives de France), Richard Prasquier, bezeichnete die Entscheidung als »sehr weise«, da das Recht auf geistiges Eigentum eindeutig verletzt worden sei und der Oberrabbiner dies zugegeben habe. Somit sei nicht, wie von manchen Kommentatoren vermutet, von einer Kampagne oder gar einer Verschwörung gegen Gilles Bernheim auszugehen. Es sei »verständlich«, dass die Befürworter der Homo-Ehe nun den Vorfall für sich auszunutzen versuchten.

Bis zur Wahl eines Nachfolgers werden der Oberrabbiner von Paris, Michel Gugenheim, und der Leiter der Rabbinerschule, Olivier Kaufmann, Bernheims Aufgaben übernehmen.

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025