Frankreich

Neuer Kopf gesucht

In der Kritik: Konsistorialchef Joël Mergui Foto: dpa

Das Zentralkonsistorium in Paris hat vor Kurzem bekannt gegeben, dass seine Delegierten am 22. Juni Frankreichs neuen Oberrabbiner wählen werden. Damit steht endlich ein Datum für die mit Spannung erwartete Abstimmung fest. Das Konsistorium beschloss auch eine einschneidende Reform der jüdischen Institutionen. Die Juden des Landes sind seit dem Rücktritt von Gilles Bernheim, der vor einem Jahr wegen Plagiatsvorwürfen seinen Hut nahm, ohne religiöses Oberhaupt.

Bis zur Neuwahl füllen der Oberrabbiner von Paris, Michel Gugenheim, und der Direktor des israelitischen Seminars (SIF), Olivier Kaufmann, die Funktion kommissarisch aus. Im Grunde hätte Bernheims Nachfolger bereits im vergangenen Herbst gewählt werden müssen, da die Statuten eine Wahl innerhalb von sechs Monaten vorsehen. Sie wurde jedoch aus unbekannten Gründen immer wieder verschoben.

Offener Brief Mit der jetzigen Entscheidung reagiert das Konsistorium auf einen Offenen Brief von rund 50 Rabbinern und Gemeindevorsitzenden an seinen Präsidenten Joël Mergui. Sie schrieben: »Die Wahl muss im ersten Semester 2014 stattfinden, um einen legitimen Oberrabbiner zu finden, der in dieser schwierigen Zeit für das französische Judentum spricht.«

Einer der Initiatoren, der Geschichtsprofessor Paul Lévy, Gemeindevorsitzender in Tours, sagte in einem Interview: »Wir sind keine Gegner von Joël Mergui, aber wir brauchen einen Oberrabbiner. Angesichts des steigenden Antisemitismus muss die moralische Stimme des Judentums vernehmbar sein. Die Vertreter von Gilles Bernheim verdienen zwar allen Respekt, aber sie haben noch andere Funktionen, und sie können sich leider nicht immer äußern.« Mit dem Brief war auch eine Petition verknüpft, die mehr als 1000 Personen unterzeichnet haben.

Reform Noch vor der Neuwahl eines Oberrabbiners hat das Zentralkonsistorium kürzlich eine grundlegende institutionelle Reform durchgesetzt: Es hat beschlossen, sich mit dem mächtigen Pariser Konsistorium zu verschmelzen.« Das sei »ein bisschen so, als würde das Amt des Staatspräsidenten von dem des Pariser Bürgermeisters aufgesogen werden«, spottet die Tageszeitung Le Figaro.

Gegen die Entscheidung erheben sich derzeit kritische Stimmen, bedeutet die Fusion doch, dass noch mehr Fäden in Paris zusammenlaufen und der Einfluss der regionalen Instanzen schwindet. Die Soziologin Martine Cohen sagt: »Meiner Ansicht nach ist das Hauptziel die Kontrolle wichtiger religiöser und finanzieller Entscheidungen durch Mergui und den Oberrabbiner von Paris, Michel Gugenheim, der ihm nahesteht.«

Einer der Unterzeichner des Briefes, der anonym bleiben will, befürchtet, dass Mergui mit der Fusion seinen Wunschkandidaten durchsetzen möchte. Kritiker sind der Ansicht, der neue Oberrabbiner hätte unbedingt an der Entscheidung beteiligt werden müssen. Sie werfen Mergui vor, seinen Einflussbereich ausweiten zu wollen. »Es stellt sich die Frage, ob man die Statuten hätte ändern dürfen, solange es keinen Oberrabbiner gibt. Gegner könnten deshalb Klage einreichen«, warnt Soziologin Cohen.

Großbritannien

Der grüne Populist

Zack Polanski ist der neue Chef der Grünen. Möglicher Partner: ausgerechnet Jeremy Corbyn

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  18.09.2025

Belgien

Grabschändung am Todestag

Das Grab des jüdischen Politikers Jean Gol in Lüttich wurde genau 30 Jahre nach seinem Tod geschändet. Gols Tochter sieht einen eindeutigen Zusammenhang zum Nahostkonflikt

 18.09.2025

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025