Paris

Netanjahu und Macron erinnern an Massenfestnahme

Gedenken der mehr als 13.000 Juden, die im Juli 1942 in Frankreich deportiert wurden: Benjamin Netanjahu und Emmanuel Macron Foto: dpa

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Frankreichs Regierungschef Emmanuel Macron haben gemeinsam in Paris an die größte Massenverhaftung von Juden in Frankreich während des Zweiten Weltkrieges erinnert. Zum 75. Jahrestag der »Razzia vom Vél d’Hiv« legten Netanjahu und Macron an jener Stelle Blumen nieder, wo französische Polizisten mehr als 13.000 Juden zusammengetrieben und später deportiert hatten.

Die berüchtigte Razzia des Vélodrome d’Hiver am 16. und 17. Juli 1942 markierte den Beginn der Deportationen in die Todeslager. Nahezu alle der verschleppten Juden wurden in den NS-Vernichtungslagern ermordet.

Drancy Der Name des Ereignisses verweist auf die ehemalige Halle für Radwettkämpfe, in der vor allem staatenlose und ausländische Juden nach der Verhaftung fünf Tage lang unter katastrophalen Bedingungen zusammengepfercht wurden. Im Anschluss daran wurden sie in das Zwischenlager Drancy deportiert.

Die Razzia wurde nicht von den deutschen Besatzern geplant und ausgeführt, sondern von der französischen Polizei, die dem Vichy-Regime unterstand. Die französischen Beamten »übertrumpften« die deutschen Vorgaben sogar, indem sie die von den Besatzern zuerst nicht vorgesehenen Kinder mit auf die Verhaftungslisten setzten.

Macron sagte am Sonntag, Frankreich müsse die Verantwortung für die Rolle im Zweiten Weltkrieg übernehmen und dürfe sie nicht bestreiten. »Das war tatsächlich Frankreich«, unterstrich er. Der Präsident verdammte die Leugnung des Holocaust sowie Antisemitismus im heutigen Frankreich und betonte: »Antizionismus ist der neue Antisemitismus.« Verschiedene Leiter jüdischer Gemeinden lobten Macron für seine klaren Worte.

Das in Frankreich lange gehegte Selbstverständnis einer im Widerstand gegen die Nazis vereinten Nation wurde durch dieses Beispiel der offiziellen Beihilfe zum Mord schwer erschüttert und lange Zeit verdrängt. Nachdem François Mitterrand jede Mitverantwortung seines Landes für die Verbrechen noch kategorisch verneint hatte, rang sich 1995 mit Jacques Chirac zum ersten Mal ein französischer Präsident zu einer Entschuldigung im Namen des Staates durch.

Le Pen Vergangenes Jahr sorgte die Rechtspopulistin Marine Le Pen mit der Aussage für einen Eklat, Frankreich sei nicht verantwortlich für die Massenverhaftung und die anschließenden Deportationen. Es sei einzig und allein Nazi-Deutschland gewesen, die die Verfolgung von Juden betrieben hätten, so Le Pen.

Seit 2000 wird am Jahrestag der Razzia landesweit der »Nationale Erinnerungstag für die Opfer der rassistischen und antisemitischen Verbrechen des französischen Staates« begangen. Am Sonntag nahmen mehrere jüdische Organisationen an der Gedenkveranstaltung am Ort des ehemaligen Radstadions teil, darunter auch die »Vereinigung der Söhne und Töchter der jüdischen Deportierten Frankreichs«.

Netanjahu, der Macron einen Freund nannte, ging in seiner Rede auch auf islamistischen Extremismus ein: »Wir sind Zeugen eines Aufstiegs von extremistischen Kräften, die nicht mehr nur die Juden umbringen wollen. Natürlich wollen sie auch den jüdischen Staat zerstören, doch darüber hinaus noch viel mehr. Deshalb ist der Kampf Frankreichs auch unser Kampf. Die Fanatiker des militanten Islam, die Sie zerstören wollen, wollen auch uns zerstören.«

verhandlungen Vor Reportern rief Macron später zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern auf, »auf der Suche nach einer Lösung zweier Staaten, Israel und Palästina, die in anerkannten, sicheren Grenzen mit Jerusalem als Hauptstadt leben können«. Netanjahu merkte an, dass er dasselbe Verlangen nach einem friedlichen Nahen Osten habe.

Dann stellte sich der israelische Premier mit seiner Aussage gegen US-Präsident Donald Trump und erläuterte, dass Israel den von den USA und Russland verhandelten Waffenstillstand in Syrien ablehne. Nach Meinung Jerusalems ziehe der die iranische Militärpräsenz im Nachbarland nicht ausreichend in Betracht, beschleunige sie stattdessen sogar noch. Er habe dem französischen Präsidenten mitgeteilt: »Israel ist total dagegen«, so Netanjahu. Die Feuerpause trat in der vergangenen Woche in Kraft.

Japan

Jüdisch in Fernost

Etwa 1500 Juden sind im Land der aufgehenden Sonne zu Hause. Koscheres Leben ist schwierig. Und sogar hier hat sich seit dem 7. Oktober 2023 einiges verändert

von Eugen El  01.05.2025

Bern

Schweizer Juden reagieren auf Verbot der Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025

Frankreich

Serge Klarsfeld: »Wir müssen vorbereitet sein«

Der Holocaust-Überlebende und Nazi-Jäger hat in »Le Figaro« einen dringenden Appell veröffentlicht und erneut für rechte Parteien geworben. Das Judentum sei bedrohter denn je, glaubt er

 25.04.2025