Niederlande

Mehrheit gegen das Schächten

Auf Messers Schneide: Viele in den Gemeinden hoffen, dass das Schächtverbot nicht durch den Senat kommt. Foto: Flash 90

Am Ende war es eine deutliche Sache: Mit 116 zu 30 Stimmen nahm das niederländische Parlament in Den Haag am Dienstag einen Antrag der Tierschutzpartei an, der das Betäuben von Schlachttieren allgemein verbindlich macht. Bislang waren Juden und Muslime von dieser Regelung ausgenommen. Offiziell sind damit koscheres und halal Schlachten verboten.

Allerdings soll es auch künftig Ausnahmen geben: Schächten ist weiterhin zulässig, wenn wissenschaftlich nachgewiesen werden kann, dass das Leid der Tiere dabei nicht größer wird als bei konventionellen Schlachtmethoden. Diese Modifizierung geht auf eine Initiative linker und liberaler Parteien zurück. Ziel war es, den Tierschutz zu verbessern, ohne damit die Religionsfreiheit »unnötig einzuschränken«. Eine nächtliche Debatte in der Vorwoche ergab, dass eine Mehrheit des Parlaments in dieser Variante einen annehmbaren Kompromiss sieht.

Enttäuschung Jüdische Organisationen sehen das deutlich anders. In einer gemeinsamen Stellungnahme erklären die Nederlands- Israëlitisch Kerkgenootschap (NIK), die orthodoxe Gemeinde Amsterdam (NIHS) und das Beratungsorgan jüdischer Organisationen (CJO) ihre »Enttäuschung und Trauer«. Auch nach der Änderung sei das Gesetz »für die jüdische Gemeinschaft inakzeptabel«, da es wie der ursprüngliche Entwurf von einem »Totalverbot« ausgehe. Dass die Zulässigkeit der Schechita ausschließlich von einem Test über das Wohl der Tiere abhängt, verkenne die verfassungsgemäße Religionsfreiheit. Um dies zu verhindern, wollen NIK, NIHS und CJO notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ziehen.

Mit Bestürzung reagierte die Europäische Rabbinerkonferenz in Brüssel auf die Abstimmung. Der frisch gekürte Präsident Rabbiner Pinchas Goldschmidt sagte, Juden könnten dadurch in den Niederlanden kein jüdisches Leben mehr führen. Sie seien »praktisch nicht länger willkommen«.

Religionsfreiheit Luuk Kolle, Chef der Amsterdamer Slagerij Marcus, des einzigen koscheren Schlachthauses der Niederlande, differenziert: »Was die Religionsfreiheit betrifft, ist es natürlich eine Schande. Doch immerhin ist die Ausnahmeregelung mit ins Gesetz aufgenommen.« Koole ist überzeugt davon, dass er diesen Kriterien entspricht. Und außerdem: »Das Gesetz muss noch durch den Senat.«

Darin sieht Kolle eine Chance. Er hatte bereits vor der Abstimmung spontan Parlamenstmitglieder eingeladen, ihm bei seiner Arbeit zuzusehen. Die einzige, die auf das Angebot einging, war Esmé Wiegman von der calvinistischen Christen Union (CU). »Hätten Kollegen dies wie ich mit eigenen Augen gesehen, würden sie sich nicht so gegen koscheres Schlachten wehren«, folgerte Wiegman. »Es ist eine humane Praktik, die das Tierwohl respektiert.«

Unterdessen hat die NIK vor dem Gerichtshof in Arnheim Klage gegen die Universität Wageningen eingereicht. Deren Gutachten, nach dem rituelles Schlachten das Leiden der Tiere verschlimmert, ist die Grundlage des Gesetzesantrags der Tierschutzpartei. Die NIK bezweifelt, dass es sich hier um eine wissenschaftliche Untersuchung handelt. In den nächsten Wochen wird das Urteil erwartet.

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  12.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025