Meinung

Macrons Kotau vor den Islamisten

Daniel Killy Foto: Weser Kurier, Volker Crone

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Macrons Kotau vor den Islamisten

Frankreichs Präsident kommt nicht zu einer Großkundgebung gegen Antisemitismus. Ein verheerendes Signal, findet unser Autor

von Daniel Killy  13.11.2023 13:25 Uhr

Es waren starke Worte, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an die Großdemonstration gegen Antisemitismus in Paris richtete: »Ein Frankreich, in dem unsere jüdischen Landsleute Angst haben, ist nicht Frankreich. Ein Frankreich, in dem Franzosen aufgrund ihrer Religion oder ihrer Herkunft Angst haben, ist nicht Frankreich. Deshalb werden im Namen des französischen Volkes unsere Sicherheitskräfte wie auch unsere Richter und Staatsanwälte mobilisiert, um dem Recht Geltung zu verschaffen.« 

Nur leider tat der wortgewaltige Staatschef dies nicht vor Ort, bei der Pariser Großkundgebung gegen Antisemitismus, sondern vorab in der Zeitung »Le Parisien« in einem »Brief an die Franzosen«. Für viele Bürgerinnen und Bürger Frankreichs war das Ausdruck einer Angst, seine Teilnahme könnte für Unruhe in den Vorstadtsiedlungen sorgen, wo mehrheitlich muslimische Einwanderer leben.

Diese Banlieues sind schon seit langem Zentren des radikalen Franko-Islamismus. Die Polizei hat gewisse Gegenden in Vororten wie St. Denis längst aufgegeben; die Politik ist weitestgehend ratlos, weder hartes Handeln der Sicherheitskräfte noch sensible Sozialarbeit scheinen zu fruchten. Die Zahl der entwurzelten und perspektivlosen muslimischen Jugendlichen in Frankreich geht in die Millionen. Hat Macron einen Kotau vor den Vorstädten gemacht mit seiner Abwesenheit? Und wie war sein Satz gemeint, er habe die »Einheit des Landes zu stärken«? 

Die hätte er mit einer Teilnahme wohl mehr gefördert als mit seiner Abwesenheit. Beinahe sein gesamtes Kabinett war angetreten; auch die beiden ehemaligen Staatsoberhäupter Nicolas Sarkozy und François Hollande waren da – nur der Präsident fehlte. Und das wiederum machte sich Marine Le Pen zu eigen, die mit ihrer Teilnahme die Erinnerung an ihren radikal antisemitischen Vater und politischen Vorgänger verwischen wollte. Er sei noch nie auf eine Demo gegangen, versuchte Macron zu beschwichtigen. 

Doch Zweifel bleiben. Denn Macrons Position in Sachen Hamas und Israel ist recht flexibel. Gerade forderte er noch lautstark »Ich möchte alle an das Völkerrecht erinnern, ich fordere eine Waffenruhe« dann heißt es in seinem Brief: »Es gibt kein ›Ja, aber‹: Die Hamas unschädlich zu machen, ist eine Notwendigkeit.«  

Dieses Hin und her irritiert nicht nur Frankreichs Juden. Es gefährdet die gemeinsame Position von Deutschland und Frankreich in Sachen Israel. Macron schwächt mit seinem Wankelmut Europa. Die Islamisten von Ankara bis Teheran werden sich bestätigt fühlen: Demokraten braucht man nicht zu fürchten. Die reden nur, aber handeln nicht. Das ist ein verheerendes Signal. 

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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