J-Street-Konferenz

Kritik aus dem Weißen Haus

Denis McDonough Foto: dpa

Der Stabschef des Weißen Hauses, Denis McDonough, hat während der Konferenz der linksliberalen jüdischen Organisation J-Street in Washington betont, Israels Regierung müsse sich auch in Zukunft für eine Zweistaatenlösung einsetzen. Gleichzeitig kritisierte McDonough die Äußerungen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im israelischen Wahlkampf.

Netanjahu hatte kurz vor der Wahl gesagt, so lange er im Amt sei, werde es keinen palästinensischen Staat geben. In einem Interview nach der Wahl mit dem US-Fernsehsender Fox News betonte Netanjahu dagegen, er habe sich lediglich dahingehend geäußert, dass die Bedingungen für einen Palästinenserstaat »derzeit nicht erreichbar« seien.

westjordanland Doch Denis McDonough sagte am Montag vor 3000 Teilnehmern der J-Street-Konferenz zu Netanjahus Äußerungen vor der Wahl: »Wir können nicht so tun, als seien diese Kommentare niemals gefallen.« Er warnte die künftige israelische Regierung davor, eine einseitige Annexion von Gebieten im Westjordanland in Betracht zu ziehen. Die USA würden sich gegen eine solche Politik stellen, so McDonough.

»Wir erwarten von der nächsten israelischen Regierung, dass den Worten Taten und eine Politik folgen, die eine echte Verpflichtung für eine Zweistaatenlösung zeigen«, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Jewish Telegraphic Agency (JTA).

US-Präsident Barack Obama hatte Netanjahu kurz nach dessen Wahl scharf wegen seinen Äußerungen zur Zweistaatenlösung kritisiert. Obamas Staatschef sagte am Montag, Obama bewerte derzeit neu, »wie wir den Frieden voranbringen können«.

Die Grenzen Israels und eines unabhängigen palästinensischen Staates sollten auf den Linien von 1967 beruhen – mit einem Austausch von Gebieten, dem beide Seiten zustimmen müssen, so McDonough: »Eine Besatzung, die jetzt fast 50 Jahre lang gedauert hat, muss beendet werden, und das palästinensische Volk muss das Recht haben, in seinem souveränen Staat zu leben und regiert zu werden.«

Baker Auch der ehemalige amerikanische Außenminister James Baker stimmte in den Chor der Netanjahu-Kritiker ein. Baker, der wie McDonough als Keynote-Speaker bei der Konferenz von J-Street auftrat, sagte, die Chancen für eine Zweistaatenlösung hätten sich nach Netanjahus Wiederwahl am vergangenen Dienstag verschlechtert. Israel laufe Gefahr, entweder seinen jüdischen oder seinen demokratischen Charakter zu verlieren.

Baker, der unter US-Präsident George H.W. Bush Außenminister war, erinnerte sich in seiner Rede an die Zeit, als Israel von Ministerpräsident Itzchak Shamir regiert wurde. 1991 hatte Bush sich geweigert, Israel zehn Milliarden US-Dollar als Kreditgarantien zur Verfügung zu stellen. Damit wollte Bush Shamir zu einem Versprechen zwingen, das Geld, das für neue Wohnungen für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion gedacht war, nicht für den Siedlungsbau im Westjordanland einzusetzen.

»Damals habe ich aus erster Hand erfahren, wie komplex und manchmal streitbelastet die Beziehungen zwischen den USA und Israel sein können«, sagte Baker: »Ich war der Meinung, dass Präsident Bush Recht hatte – und ich denke das immer noch.«

Die linksliberale jüdische Organisation J-Street, die in diesen Tagen ihre Jahreskonferenz abhält, wurde 2008 gegründet. Sie sieht sich selbst als proisraelisch und als Anwalt der Zweistaatenlösung.

München

Europäische Rabbiner sagen Baku-Konferenz aus Sicherheitsgründen ab

Rund 600 Teilnehmer aus aller Welt sind angemeldet. Viel Geld war in die Vorbereitung geflossen

von Imanuel Marcus, Mascha Malburg  28.10.2025 Aktualisiert

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

USA

Der reichste Mann der Welt – für einen Tag

Larry Ellison gehört zu den Großen des Silicon Valley und hält Künstliche Intelligenz für die wichtigste Erfindung der Menschheit

von Sara Pines  26.10.2025

Nachruf

Letzter Kämpfer des Aufstands des Warschauer Ghettos gestorben

Michael Smuss wurde 99 Jahre alt

 24.10.2025

Wien

Nobelpreisträger warnt vor technischer Abhängigkeit von den USA

Joseph E. Stiglitz kritisiert Präsident Trump und ruft Wissenschaft und Medien zur Verteidigung der Medienfreiheit weltweit auf

von Steffen Grimberg  24.10.2025

Polen

Antisemitische Hetzer verhindern Konzert jüdischer Musiker

Der Chor der Pestalozzi-Synagoge in Berlin war eingeladen, in Września gemeinsam mit dem dortigen Kinderchor den Komponisten Louis Lewandowski zu ehren. Nach Hetze und Drohungen wurden alle Veranstaltungen abgesagt

von Sophie Albers Ben Chamo  23.10.2025

Großbritannien

Jiddisch verbindet

Zwischen Identitätssuche, Grammatik und Klezfest. Unsere Autorin war beim Sprachkurs »Ot Azoy« in London

von Sabine Schereck  23.10.2025

Rabbiner Noam Hertig aus Zürich

Diaspora

Es geht nur zusammen

Wie wir den inneren Frieden der jüdischen Gemeinschaft bewahren können – über alle Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten hinweg

von Rabbiner Noam Hertig  23.10.2025