Russland

Koschere Spiele

Der russische Eistänzer Ilja Awerbuch (hier mit den Sotschi-2014-Maskottchen) ist als Choreograf mit dabei. Foto: dpa

Wenn am 7. Februar in Sotschi erstmals Olympische Winterspiele in den Subtropen beginnen, werden viele Vertreter jüdischer Organisationen bei der Eröffnungsfeier fehlen. Der Grund: Das große Ereignis findet am Freitagabend nach Sonnenuntergang statt, wenn der Schabbat schon begonnen hat.

Von dieser für manche etwas unglücklichen Terminplanung abgesehen soll es jüdischen Athleten wie Besuchern bei den XXII. Olympischen Winterspielen aber an nichts fehlen, wenn es nach der Führung der jüdischen Gemeinschaft in Russland geht. »Wir wollen alles in unserer Macht Stehende tun, um jedem, der sich auf der Suche nach Unterstützung an uns wendet, Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen«, erklärt Michael Lidogoster, der Pressesprecher von Russlands Oberrabbiner Berel Lazar.

interkonfessionell Lidogoster sagt, dass es bei den Winterspielen interkonfessionelle Zentren für alle Weltreligionen gebe – neben dem Judentum seien auch Christentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus vertreten. Die jüdische Gemeinschaft werde in allen drei Olympischen Dörfern in Sotschi und Krasnaja Poljana präsent sein, und zusätzlich im Marriot-Hotel.

In den Synagogen soll es nach Auskunft von Lidogoster an jedem Werktag und am Schabbat Gottesdienste geben. Neben religiöser Literatur sind die Zentren auch mit Büchern zur jüdischen Geschichte ausgestattet – auf Englisch, Hebräisch, Russisch, Spanisch, Französisch und Deutsch.

Auch um koscheres Essen brauchen sich Olympia-Gäste keine Sorgen zu machen, sagt Lidogoster. Es könne telefonisch bei Russlands führenden koscheren Restaurants bestellt werden – sie alle würden während der Wettkämpfe Vertreter nach Sotschi schicken. Gekocht wird nicht nur im jüdischen Gemeindezentrum der Stadt, sondern auch in zwei speziell für den Anlass gekascherten Hotelküchen.

Tefillin Um die spirituelle Betreuung der Gäste soll sich neben Sotschis Chabad-Rabbiner Ari Edelkopf ein Team aus zwölf jungen Rabbinern kümmern. Alles Notwendige – von Tefillin, Tallit, Schabbatkerzen und Kiddusch-Wein – sei vor Ort vorhanden, so Lidogoster.

Übersichtlich zusammengestellt sind alle Informationen, die jüdische Besucher der Winterspiele interessieren könnten, in englischer Sprache auf der Internetseite jewishsochi.com. Hier kann man sich bequem per E-Mail eine koschere Speisekarte zusenden lassen und auch gleich die Bestellung aufgeben. Parallel dazu ist die jüdische Gemeinde Sotschi auch im sozialen Netzwerk Facebook vertreten, allerdings nur auf Russisch.

Neben jüdischen Besuchern werden in Sotschi auch jüdische Athleten aus unterschiedlichen Ländern erwartet. Für Israel kämpfen fünf Wintersportler um Medaillen. Wie viele Olympioniken im russischen Team jüdischer Herkunft sind, kann angesichts der oftmals komplizierten sowjetischen Biografien niemand genau sagen.

star Einer der bekanntesten jüdischen Wintersportler Russlands wird in Sotschi dagegen bereits nicht mehr unter den Aktiven sein. Der heute 40-jährige Ilja Awerbuch gewann bei der Olympiade in Salt Lake City 2002 mit seiner damaligen Frau und Tanzpartnerin Irina Lobatschowa die Silbermedaille im Eistanz. Zu seinen weiteren sportlichen Erfolgen gehören der Gewinn des Weltmeistertitels im selben Jahr und des Europameistertitels ein Jahr später.

Awerbuch wird in Sotschi als Choreograf einer Tanzshow mit dabei sein. Auch mehr als zehn Jahre nach dem Ende seiner aktiven Karriere ist er in Russland sehr beliebt. Dabei haben es Sportler jüdischer Herkunft in der russischen Gesellschaft nicht immer leicht.

Wie Awerbuch vor einiger Zeit in einem Interview verriet, stand er in seiner Jugend einmal vor einer schwierigen Wahl. Damals fürchtete sich Trainerin Natalja Dubowa, »in ihre Gruppe Menschen mit gleicher Nationalität aufzunehmen«. Awerbuch entschied sich – er war damals 13 oder 14 Jahre alt – nach eigenem Bekunden dennoch dagegen, seinen Namen für die Karriere zu ändern. Verurteilen möchte er bei anderen Sportlern ein solches Vorgehen aber nicht: Hätte er vor der Wahl gestanden, seinen Namen zu ändern oder nicht an Olympischen Winterspielen teilnehmen zu können, hätte er womöglich Ersteres getan.

Longevity

Für immer jung?

Die ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel outet sich als Hypochonderin und beschreibt, warum man niemals zu alt ist, sich Gedanken übers Älterwerden zu machen

von Andrea Kiewel  29.07.2025

Italien

Rabbiner auf Rasthof beleidigt, bedroht und zu Boden getreten

Der Franzose wollte nur mit seinem sechsjährigen Sohn auf die Toilette gehen. Doch dann fiel einem Mitarbeiter seine Kippa auf

 29.07.2025 Aktualisiert

Tirol

Israelisches Ehepaar von Campingplatz geworfen

Das Paar wollte Silberhochzeit feiern, wurde aber wegen seiner israelischen Pässe schroff abgewiesen

von Nicole Dreyfus  28.07.2025

Spanien

Valencia: Jüdische Jugendliche aus Flugzeug geworfen

Mitglieder der Reisegruppe sagen, sie seien herausgeworfen worden, obwohl sie sich ordnungsgemäß verhalten hätten. Die Fluggesellschaft wirft den Jugendlichen vor, die Sicherheitsunterweisung gestört zu haben

von Michael Thaidigsmann  24.07.2025

Urlaub

Jüdische Entdeckungen

Wem beim Lesen am Strand langweilig wird, den erwarten in verschiedenen Ländern spannende wie schöne Überraschungen: Unsere Reisetipps aus der Redaktion

 24.07.2025

Michael Goldmann‑Gilead

Der Mann, der Eichmann verhörte

Er überlebte Auschwitz, den Todesmarsch – und war am wichtigsten Prozess der Nachkriegsgeschichte beteiligt. Diese Woche wird er 100 Jahre alt

von Esther Schapira, Georg M. Hafner  23.07.2025

Schweiz

Davos: Erneut jüdische Urlauber antisemitisch angefeindet

Ein Mann beleidigte und bespuckte gleich mehrere als Juden erkennbare Menschen in dem Schweizer Kurort

von Michael Thaidigsmann  23.07.2025

Geburtstag

Einziger jüdischer NASA-Chef: Dan Goldin wird 85

Als er Administrator der Raumfahrtbehörde wurde, wollte er alles »schneller, besser und billiger« hinkriegen. Denn Geldfresser bremsten die NASA

von Imanuel Marcus  23.07.2025

Medien

Groteske Unwahrheiten

Ein britischer Talkshow-Host sieht sich Rücktrittsforderungen ausgesetzt, nachdem er die Behauptung verbreitet hatte, an jüdischen Schulen werde gezielt Hass auf Araber gelehrt

von Michael Thaidigsmann  23.07.2025