Paris

Kein Prozess gegen den Mörder von Sarah Halimi?

Am Freitag hat ein Richter den Mörder von Sarah Halimi für möglicherweise unzurechnungsfähig erklärt. Foto: Getty Images / istock

Mehr als zwei Jahre nach dem Mord an der 66-jährigen Jüdin Sarah Halimi in Paris hat ein Richter den Täter für möglicherweise unzurechnungsfähig erklärt, weil er zur Tatzeit unter Drogeneinfluss gestanden habe.

Unter Berufung auf die Zeitung »Le Parisien« berichtete die Jewish Telegraphic Agency (JTA), am Freitag habe der Richter in einer vorläufigen Entscheidung bekannt gegeben, dass der aus Mali stammende Muslim Kobili Traore unter Umständen nicht vor Gericht gestellt werden könne, weil er vor der Tat Cannabis geraucht habe. Die Anwälte der Nebenkläger kündigten an, gegen diese Entscheidung Einspruch einzulegen.

Vor dem Mord soll der Täter Koranverse rezitiert haben.

Der Mord an Sarah Halimi im Frühjahr 2017 hatte scharfe öffentliche Reaktionen in Frankreich und weltweit hervorgerufen. Sowohl die französische Regierung als auch die Medien wurden dafür kritisiert, das antisemitische Motiv der Tat verschleiern zu wollen.

Der damals 27 Jahre alte Traore war am 4. April 2017 in die Wohnung der pensionierten jüdischen Ärztin im Stadtteil Belleville eingedrungen, hatte Sarah Halimi misshandelt und sie anschließend aus dem dritten Stock geworfen.

Balkon Zeugen hatten gehört, dass der Täter zunächst in seiner Wohnung randalierte und Koranverse rezitierte, bevor er über den Balkon in Halimis Wohnung kletterte, auf die Frau einschlug und sie schließlich aus dem Fenster auf die Straße warf. Unterdessen habe der Mann »Allahu Akbar« gerufen sowie »Ich habe den Satan getötet«.

Die Familie des Opfers sagte nach dem Mord, seit dem Einzug Traores in das Mehrfamilienhaus habe der Mann mehrfach antisemitische Beleidigungen ausgestoßen und sei auch im Treppenhaus handgreiflich gegen die Tochter von Sarah Halimi geworden.

Schon vor der Tat war die Tochter des Opfers antisemitisch bedrängt worden.

Traore wurde nicht nur wegen vorsätzlicher Tötung, sondern mehrere Monate später zusätzlich auch wegen eines Hassverbrechens angeklagt. Er räumte die Tat ein, behauptete aber, er habe nicht aus Antisemitismus gehandelt, sondern sich aufgrund seines Cannabis-Konsums von einer dämonischen Macht besessen gefühlt.

joints In psychiatrischen Gutachten war laut Le Parisien festgestellt worden, dass Traore sich zur Tatzeit in einem »akuten Delirium« befunden habe, das durch seinen exzessiven Cannabis-Konsum ausgelöst worden sei. Der Täter selbst hatte angegeben, er habe pro Tag bis zu 15 Joints geraucht. Weiter hatten die Gutachter festgestellt, dass Traore nicht an einer psychischen Krankheit leide, waren sich aber uneins darin, ob er vollkommen verantwortlich für seine Handlungen sei.

Die jüdische Gemeinschaft Frankreichs hatte Sarah Halimis am 9. April in Paris mit einem Schweigemarsch gedacht. Mehr als 1000 Menschen nahmen an der Trauerveranstaltung teil. Sarah Halimi war in Jerusalem beigesetzt worden.

Gilles-William Goldnadel, Anwalt der Schwester des Opfers, hatte mehrere Wochen nach der Tat laut »Le Figaro« gesagt: »Was das Herz des Mannes und Anwalts am meisten zusammenzieht (...), das ist die öffentliche Gleichgültigkeit.«

Schweiz

NGO verklagt Schweiz wegen Kauf israelischer Drohnen

Ein Kollektiv aus Genf will mit einer Klage erreichen, dass die Schweiz keine Drohnen aus Israel beschafft

 17.07.2025

London

Geheimbesuch vom Monarchen

Er kam, um ihr persönlich zum Geburtstag zu gratulieren, und blieb eine halbe Stunde: König Charles III. war bei Anita Lasker-Wallfisch zu Gast

von Michael Thaidigsmann  17.07.2025

Auszeit

Mit Schwimmkleid ins Wasser

Wie orthodoxe Frauen im Sommer am Zürichsee eine Auszeit vom Alltag nehmen

von Nicole Dreyfus  17.07.2025

Geburtstag

Einziger jüdischer NASA-Chef: Dan Goldin wird 85

Als er Administrator der Raumfahrtbehörde wurde, wollte er alles »schneller, besser und billiger« hinkriegen. Denn Geldfresser bremsten die NASA

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  16.07.2025 Aktualisiert

Interreligiöser Dialog

»Das ist Verrat«

Ein Imam aus den Niederlanden nahm an einer Reise muslimischer Geistlicher nach Israel teil - prompt verlor er seinen Job

von Michael Thaidigsmann  15.07.2025

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025