USA

Joints, Tora und freie Liebe

Rabbi Zalman Schachter-Shalomi sel. A. Foto: dpa

Wenige Wochen vor seinem 90. Geburtstag ist Rabbi Zalman Schachter-Shalomi, genannt Reb Zalman, am 3. Juli in Boulder, Colorado, gestorben. Dieser charismatische Mann hat zahlreiche Rabbiner und Rabbinerinnen ordiniert und eine Erneuerungsbewegung, die sich Jewish Renewal nennt, mit ins Leben gerufen und bis zum Schluss geführt. Viele Menschen trauern nun um ihren spirituellen Wegweiser und Lehrer.

Reb Zalman hat zahlreiche Bücher zu religiösen Themen veröffentlicht. Vor zwei Jahren erschienen seine Memoiren My Life in Jewish Renewal. Darin beschreibt er seine Entwicklung sehr anschaulich. In der Ukraine geboren, verbrachte er seine Kindheit in Wien. Wegen der Nazis musste seine Familie 1938 aus Österreich fliehen; über Umwege erreichte sie die Vereinigten Staaten.

chassid Reb Zalman wurde ein überzeugter Chassid des sechsten Lubawitscher Rebben und 1947 an der Chabad-Jeschiwa ordiniert. Er und sein enger Freund Rabbi Schlomo Carlebach, der berühmte Sänger, waren 1949 die ersten Missionare (Schluchim) des Rebben. Ihre Aufgabe war es, jüdische College-Studenten mit der chassidischen Tradition vertraut zu machen. Seinen Lebensunterhalt verdiente Schachter-Shalomi zunächst als orthodoxer Gemeinderabbiner, später als Hochschullehrer.

Zu einem Bruch mit Chabad und der jüdischen Orthodoxie kam es in den 60er-Jahren. Damals experimentierte Reb Zalman mit bewusstseinserweiternden Drogen wie LSD und mit Formen der freien Liebe. Er wurde einer der Mentoren der amerikanisch-jüdischen Gegenkultur und verfasste unter anderem einen Beitrag für den »Jewish Catalog«, der damals in Amerika viel Aufsehen erregte. In gewisser Weise ist Jewish Renewal eine institutionalisierte Fortsetzung der Gegenkultur-Gruppen, die Ende der 60er-Jahre ihre Unzufriedenheit mit dem jüdischen Establishment zum Ausdruck brachten.

Chassidismus Reb Zalman war, seine Schriften beweisen es, ein großer Kenner des Chassidismus. Er wollte mystische Traditionen neu beleben und bekannt machen. Bei diesem Erneuerungsprozess wurde die Halacha, das überlieferte Religionsgesetz, nach bestimmten Kriterien von ihm modifiziert. Daher kann man die neue Strömung als Reformchassidismus bezeichnen. Im Gegensatz zum klassischen Reformjudentum wird in der Gegenwart nicht der Rationalismus betont, sondern die Mystik.

Rabbi Zalman Schachter-Shalomi war ein sehr kontaktfreudiger Mensch. Er galt als einer, der gut zuhören konnte und sich für jeden Besucher viel Zeit nahm. In seiner Autobiografie schildert er Begegnungen mit jüdischen Lehrern und mit Vertretern anderer Religionen, so zum Beispiel mit dem Dalai Lama und dem Trappistenmönch Thomas Merton. Reb Zalman verstand es, bereichernde Dialoge zu führen und hatte einen Sinn für echte Spiritualität.

Zweifel Bemerkenswert ist, dass er gelegentlich den eigenen Weg (und den seiner Anhänger) infrage zu stellen bereit war. Als Micha Odenheimer einmal von ihm wissen wollte, ob er nie Gewissensbisse verspüre, weil er den halachischen Rahmen gesprengt habe, antwortete er: »Gewiss, manchmal sage ich mir: ›Zalman, du bist ein Sünder. Kehr um, bevor es zu spät ist!‹ Aber dann sage ich: ›Nein, dann würde ich den verraten, der ich bin.‹ Ich habe nicht vor, Zalman zu verraten.«

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025

Österreich

»Geschichte wurde schon immer politisiert«

Die US-Historikerin Sarah Abrevaya Stein über Gier, Künstliche Intelligenz und den Baron-Wissenschaftspreis

von Stefan Schocher  09.07.2025