Prag

Immerwährende Erinnerung

Seit dem heutigen Mittwoch hält das tschechische Außenministerium im Prager Palais Czernin eine dreitägige Konferenz ab. In dessen Fokus steht die Theresienstädter Erklärung, die 2009 verfasst und von 46 Staaten unterzeichnet wurde.

Das Dokument fordert damals wie heute eine immerwährende Auseinandersetzung mit der Schoa. Und dass von Nationalsozialisten geraubtes, jüdisches Eigentum an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wird.

Das dicht getaktete Programm beinhaltet zahlreiche Panels und Vorträge. Einen davon hält Julius H. Schoeps, Vorstandsvorsitzender der Moses Mendelssohn Stiftung. Der Historiker legt darin ausführlich wie persönlich das Schicksal seiner Großeltern Käthe und Julius Schoeps offen.

Vortrag Es ist ein ausführlicher, bewegender Vortrag. Er erzählt davon, wie die Nationalsozialisten das Vermögen von Käthe und Julius Schoeps einzogen, wie sie mit einem Güterwagentransport nach Theresienstadt deportiert wurden und dass sie kurz vorher noch von der Geburt ihres Enkels erfuhren. Schoeps berichtet zudem, wie seinem Großvater, der 47 Jahre als Arzt in Berlin tätig war, von den Nazis die Approbation entzogen wurde und dass er daraufhin nur noch als »Heilbehandler« für »Nichtarier« zugelassen war.

Sein Großvater ist schließlich in Theresienstadt an einer Blutvergiftung verstorben. Sechs Monate nach seiner Deportation, kurz nach seinem 79. Geburtstag. Einblick in das weitere Schicksal seiner Großmutter legt ein Brief des Rabbiners Leo Baeck offen, der an Schoeps Vater, Hans-Joachim Schoeps, gerichtet war. Baeck schrieb darin, dass Schoeps Großmutter im Mai 1944 »nach dem Osten geführt worden« sei, was nahelegt, dass Käthe Schoeps unmittelbar nach ihrer Ankunft in Auschwitz vergast wurde.

An seinen Großvater erinnert heute nicht nur Schoeps selbst, sondern auch die Soldatinnen und Soldaten des Sanitätsregiments 1 der Bundeswehr, auf deren Gelände in Berlin-Kladow ein Gedenkstein platziert wurde. »Im Dezember eines jeden Jahres gedenken sie des Todestages meines Großvaters, des einstigem Oberstabsarztes Dr. Julius Schoeps«, so der Historiker.

Er ist sich sicher: Würde sein Großvater diese jährlichen Zeremonien miterleben können, »wäre das sicherlich für ihn eine späte Genugtuung.« An das Schicksal seiner Großeltern erinnert zudem ein Familiengrab auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin (Feld C 7).

Schoeps traf mit seinem Vortrag den Sinn der Konferenz im Kern. Denn mit ihr sollen Lösungen für die künftige Erinnerung an die Schoa gefunden und über Bildungsmöglichkeiten kommender Generationen nachgedacht werden. Im Fokus steht auch die Bekämpfung des gegenwärtigen und weltweit zunehmenden Antisemitismus.

Ein weiteres Ziel ist es, dass jene Länder, die der Theresienstädter Erklärung zusagten, dies auch für die kommenden drei Jahre tun und neue Ideen für dessen weitere Umsetzung einbringen. »Im Rahmen des Konferenzprogramms werden auch die Auswirkungen der russischen Aggression in der Ukraine sowie die soziale Fürsorge für die Überlebenden des Holocaust thematisiert«, heißt es im Programm.

Neben Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, werden auch Tschechiens Außenminister Jan Lipavský, US-Außenminister Antony Blinken sowie Meirav Cohen, israelische Ministerin für soziale Gleichheit an der Konferenz teilnehmen.

Anwesend sind auch Vertreter der Claims Conference, darunter Botschafter Stuart E. Eizenstat sowie die ehemalige Knessetabgeordnete Colette Avital. Seit Jahrzehnten setzt sie sich für die Rechte von Schoa-Überlebenden ein.

Großbritannien

Der grüne Populist

Zack Polanski ist der neue Chef der Grünen. Möglicher Partner: ausgerechnet Jeremy Corbyn

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  18.09.2025

Belgien

Grabschändung am Todestag

Das Grab des jüdischen Politikers Jean Gol in Lüttich wurde genau 30 Jahre nach seinem Tod geschändet. Gols Tochter sieht einen eindeutigen Zusammenhang zum Nahostkonflikt

 18.09.2025

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025