Griechenland

Im Windschatten politischer Machtspiele

Ein seit 1991 zwischen Griechenland und Mazedonien tobender, nationalistisch geprägter Namensstreit verursacht seit Anfang des Jahres antisemitische Auswüchse. Der Streit hatte bereits 1992 zu Massendemonstrationen in Griechenland geführt. Damals ergab sich für die bis dahin unbekannte Partei Goldene Morgenröte die Gelegenheit, mit patriotisch-populistischen Pa­rolen in die Öffentlichkeit zu gehen.

Die Demonstrationen führten schließlich 1993 zum Sturz der konservativen Regierung von Konstantinos Mitsotakis und zum bis heute offiziellen vorläufigen Namen »Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien«, kurz EJRM, für Griechenlands nördlichen Nachbarstaat.

Sparmassnahmen Wer die heutige Gemengelage betrachtet, erkennt Analogien. Die links-rechtspopulistische Koalitionsregierung unter Ale­xis Tsipras, der international unter Druck steht und den Namensstreit endlich beilegen möchte, setzt, wie damals Konstantinos Mitsotakis, neoliberale Sparmaßnahmen durch. Die von den früheren Volksparteien PASOK und Nea Dimokratia geführten Vorgängerregierungen sind in zahlreiche Affären verwickelt und haben das Land in den finanziellen Ruin getrieben.

An der Spitze der Nea Dimokratia sitzt heute Kyriakos Mitsotakis, der Sohn des früheren Premiers. Anders als sein Vater argumentiert er gegen eine Lösung des Namensstreits. Gegen eine solche Lösung stemmt sich auch die Kirche. Hinzu kommt: Der UN-Chefunterhändler im Namensstreit, Matthew Nimetz, der während seiner jahrzehntelangen Tätigkeit oft für die EJR Mazedonien Partei ergriff, ist jüdisch.

In dieser Ausgangslage organisierten rechtspopulistische und rechtsextreme Gruppen im Januar eine Massenkundgebung in Thessaloniki, an der knapp 200.000 Menschen teilnahmen. Unter den Demons­tranten fanden sich führende Politiker der Nea Dimokratia, die Europaparlamentarierin der PASOK, Eva Kaili, alle nordgriechischen Parlamentarier der Unabhängigen Griechen und ehemalige Weggefährten von Premier Tsipras aus dem linken Lager. Sie legitimierten mit ihrer An­wesenheit zahllose Rechtsextreme.

Hakenkreuze Die Rechtsextremen fackelten ein von Anarchisten besetztes Haus ab, schmierten Hakenkreuze an zahlreiche Wände, schändeten das Holocaustmahnmal der Stadt und beklebten Häuserwände mit Plakaten, auf denen sie Thessalonikis Bürgermeister Yannis Boutaris als »Judenknecht« be­schimpften. Boutaris tritt für eine Lösung des Namensstreits ein und hat zudem das öffentliche Bewusstsein für die Opfer der Schoa geschärft. Der Mord an mehr als 90 Prozent der jüdischen Vorkriegsbevölkerung der Stadt war zuvor jahrzehntelang ein Tabu.

Für die nächste Großdemonstration in Athen am 4. Februar hatten sich erneut nationalistische Vereinigungen als Veranstalter angemeldet. Rechtsextreme kündigten Pogrome gegen Anarchisten und »Feinde der Griechen« an. Gegen die Demonstration argumentierten unter den Parlamentsparteien lediglich SYRIZA und die Kommunisten. Die übrigen Opposi­tionsparteien wollten das Spektakel unter dem Deckmantel des Namensstreits in ei­ne große, entscheidende Protestaktion ge­gen die Regierung verwandeln. Dabei nahmen sie die rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Untertöne der Veranstalter in Kauf.

Dass es in Athen nicht zu einer Machtdemonstration der extremen Rechten kam, ist nicht den politischen Parteien, sondern dem 92-jährigen Komponisten Mikis Theodorakis zu verdanken, der als Hauptredner bei einer Art Gegendemo auftrat.

Doch die ursprünglichen rechtsnationalen Veranstalter geben nicht klein bei. Sie haben weitere Demonstrationen angemeldet.

USA

Personifizierter Hass

Menschen wie Nick Fuentes waren lange ein Nischenphänomen. Nun drängen sie in den Mainstream und sind gefährlicher denn je

von Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Meinung

Die polnische Krankheit

Der Streit um einen Tweet der israelischen Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt, dass Polen noch immer unfähig ist, sich ehrlich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen

von Jan Grabowski  26.11.2025

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025