Antisemitismus

»Im Eifer des Gefechts«

Entschuldigte sich inzwischen für ihre Mehrfach-»Ausrutscher«: die schwedische Grünen-Chefin und Vizepremierministerin Åsa Romson (43) Foto: dpa

Das Mittelmeer sei das neue Auschwitz, sagte Åsa Romson (Miljöpartiet) Anfang der Woche in der Polit-Debatte Agenda im Schwedischen Fernsehen. In der TV-Sendung ging es um Einwanderung, bei der die schwedische Grünen-Chefin angesichts der Flüchtlingstragödie im Mittelmeer mehr Verantwortung von den EU-Ländern forderte.

Dieser Vergleich, für den sie sich inzwischen wiederholt entschuldigte, sei ihr so herausgerutscht, »im Eifer des Gefechts«. Ihre Wortwahl sei »nicht die beste« gewesen. Die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer habe sie einfach zu emotionalen Aussagen hingerissen, die sie vorher nicht durchdacht habe, sagte die Vizepremierministerin und Umweltministerin später.

Empörung Zu dumm nur, dass ihr kurz darauf, in einem ersten Entschuldigungsanlauf, der nächste Ausrutscher passierte: Vor laufenden Kameras titulierte die Grünen-Chefin Sinti und Roma – immerhin eine von fünf offiziellen Minoritäten – als »Zigeuner«.

»Geschmacklos«, »plump«, »absurd«, «unwürdig« – die Kommentare ließen nicht lange auf sich warten. Der Zentralrat der Juden in Schweden und Politiker fast aller Parteien reagierten mit Empörung, sowohl öffentlich als auch in Sozialen Medien. »Ich frage mich, ob Åsa Romson weiß, wofür Auschwitz wirklich steht«, twitterte etwa der frühere schwedische Außenminister Carl Bildt.

»Wir gedenken in diesem Jahr des Kriegsendes vor 70 Jahren«, sagte Lena Posner-Körösi, Vorsitzende des Zentralrats und der Jüdischen Gemeinde Stockholm. »Den industriellen Mord der Nazis während der Schoa kann man nicht relativieren, schon gar nicht als Vizepremierministerin – gerade vor dem Hintergrund, dass Rechtsextreme in Europa zunehmend an Stimmen gewinnen«, sagte die schwedische Zentralratsvorsitzende aufgebracht.

verantwortung Man müsse über die Tragödie im Mittelmeer ohne solche »dummen Vergleiche« sprechen können, kommentierte Ingrid Lomfors, ehemalige Generalsekretärin der Jüdischen Gemeinde Stockholm und designierte Chefin vom »Forum für Lebendige Geschichte« den Vorfall. Andernfalls riskiere man eine »Trivialisierung von Auschwitz«.

»Wir leben in einer Zeit, in der Antisemitismus ein großes Problem ist, und in der wir alle dafür verantwortlich sind, bewusst und durchdacht zu handeln«, sagte Willy Silberstein vom Schwedischen Komitee gegen Antisemitismus.

Auf Distanz ging auch Romsons Vorgesetzter, Premierminister Stefan Löfven (S). Es sei kein guter Vergleich gewesen, so der schwedische Ministerpräsident, dennoch verstehe er »Åsas Gefühle« angesichts der Flüchtlingstragödie. Åsa Romson hat sich inzwischen mehrfach entschuldigt.

Regierungsrätin und Vorsteherin der Gesundheitsdirektion Natalie Rickli lehnte die unverbindliche Anfrage des Bundes ab, 20 Kinder aus Gaza in der Schweiz aufzunehmen.

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