Der Menschheit stehen nach den Worten des ehemaligen US-Außenministers und Friedensnobelpreisträgers Henry Kissinger unruhige Zeiten bevor. »Die Welt wird sehr turbulent werden«, sagte Kissinger in einem Interview der »Zeit«. Eine besondere Rolle dabei spiele der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Bislang habe sich Wissenschaft meist auf wiederholbare Experimente gestützt oder auf mathematisch darstellbare Hypothesen, erläuterte Kissinger. »Heute wissen wir nicht mehr, was die Maschinen wissen. Wir wissen nicht wirklich, warum sie in flüssiger Sprache mit uns sprechen können. Mit anderen Worten: Wir haben Zugang zu einem neuen Mysterium«, so der Publizist. »Das hat enorme politische Konsequenzen.«
Absurdes Ereignis Kissinger verwies vor diesem Hintergrund auf das Verhältnis zwischen den USA und China, die über einen bevorzugten Zugang zu den neuen Technologien verfügten. »Heute stehen sich zum ersten Mal in der Geschichte zwei Mächte in direkter Konfrontation gegenüber, die beide die Fähigkeit haben, die Welt vollkommen zu zerstören.« An einem Dialog führe kein Weg vorbei. »Denn wenn sich die Krise weiter zuspitzt, geraten wir in eine Lage wie vor dem Ersten Weltkrieg, dann führt irgendein absurdes Ereignis unaufhaltsam zur Eskalation.«
Kissinger wird am Samstag 100 Jahre alt. Geboren wurde er 1923 im fränkischen Fürth. Dort wuchs er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Walter (1924-2021) auf. Die Familie bekannte sich zum orthodoxen Judentum. Vater Louis war Lehrer. Für stabile finanzielle Verhältnisse sorgte die aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Mutter Paula. Angesichts der wachsenden Verfolgung von Juden durch das NS-Regime flüchteten die Kissingers im Sommer 1938 von Deutschland in die USA.
Die Frage, ob er Frieden geschlossen habe mit dem Deutschland nach der Nazi-Zeit, bejahte Kissinger im »Zeit«-Interview. Er werde im Juni nach Europa reisen, nach London, und danach auch einen Abstecher nach Fürth machen, um das Grab seines Großvaters zu besuchen. kna