Nachruf

Heldenhafter Fälscher

Adolfo Kaminsky sel. A. Foto: picture alliance / Hans Lucas

Adolfo Kaminsky rettete als Fälscher mehr als 14.000 Juden, indem er Dokumente fälschte. Sein Motiv war nicht Eigennutz, wie dies im Berufsstand des Fälschers in den meisten Fällen üblich ist, sondern der Wille zu helfen.

Der Fotograf und Chemiker war Teil einer jüdischen Familie aus Polen und Russland. Geboren wurde er jedoch in Buenos Aires. Sein Wirken wurde erst bekannt, als seine Tochter Sarah Kaminsky im Jahr 2009 die Biografie Adolfo Kaminsky, une vie de faussaire veröffentlichte. Die deutsche Version trägt den Titel Ein Fälscherleben.

Im Jahr 1932 zog Kaminsky als Siebenjähriger mit seiner Familie nach Paris, wo sein Vater als Schneider arbeitete. Dann ging es weiter nach Vire, einer Kleinstadt in der Normandie, wo er als Assistent für einen Chemiker tätig war. Die Deutschen kamen 1940 nach Vire und ermordeten 1941 seine Mutter.

Adolfo Kaminsky trat im Alter von 17 Jahren der Résistance bei. Zunächst spähte er die Wehrmacht aus und übermittelte Informationen nach London. Mit seiner Familie wurde er 1943 in einem Lager in Drancy interniert. Dank eines argentinischen Diplomaten wurden die Kaminskys im Dezember 1943 freigelassen und gingen nach Paris zurück.

Nun begann Adolfo, in einem Untergrund-Labor zu arbeiten. Den Rest des Krieges verbrachte er damit, Papiere für Menschen zu fälschen, die von den Nazis verfolgt wurden. Ein technisch anspruchsvolleres Labor richtete er ein, als er auch Gravuren und andere Elemente anfertigen musste, die als fälschungssicher galten. Er und seine Gruppe deckten Nord-Frankreich und die Beneluxländer ab.

Seine Prinzipien hielten Adolfo Kaminsky vom Schlafen ab. »Bleibt wach, solange wie möglich!«, soll er gesagt haben. »Kämpft gegen den Schlaf. Innerhalb von einer Stunde stelle ich 30 gefälschte Dokumente her.« Der Umkehrschluss: »Wenn ich eine Stunde schlafe, werden 30 Menschen sterben.«

Zwischenzeitlich wurde er Teil der französischen Armee, mit der er nach Nazideutschland einmarschierte. Mit seinen Fähigkeiten als Fälscher half er nun Spionen, ins Feindesland einzudringen, damit sie Konzentrationslager finden konnten, Monate bevor diese schließlich befreit werden konnten. Kaminsky bekam die Médaille de la Résistance und andere Ehrungen.

Nach dem Krieg fälschte er Dokumente für Juden, die versuchten, nach Palästina einzuwandern, obwohl die Briten die Zahl der Einwanderer limitiert hatten. Nach der Gründung Israels weigerte er sich, einen »religiösen Staat« zu unterstützen und wurde Fotograf, ohne seine frühere Tätigkeit komplett aufzugeben.

Im Jahr 1971 war dann doch Schluss mit der Fälscherei, mit der er nach dem Krieg Menschen geholfen hatte, die aus politischen Gründen bestimmte Grenzen nicht passieren konnten, darunter Daniel Cohn-Bendit. Auch linke Bewegungen in Lateinamerika unterstützte er. Da er für seine Arbeit kein Geld nehmen wollte, hatte er Probleme, seine Familie zu ernähren.

In Algerien heiratete Kaminsky später. Drei Kinder kamen zur Welt. Einer seiner Söhne ist der Rapper Rocé, der vor allem in Frankreich Erfolge feiert, wo die Familie seit 1982 wieder lebt.

Am Dienstag ist Adolfo Kaminsky im Alter von 97 Jahren gestorben.

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025