Ukraine

Hass und Heimat

Die rechtsextreme Swoboda-Partei zieht ins Kiewer Parlament ein

von André Eichhofer  30.10.2012 07:46 Uhr

Swoboda-Demonstranten in Kiew, Juli 2012 Foto: dpa

Die rechtsextreme Swoboda-Partei zieht ins Kiewer Parlament ein

von André Eichhofer  30.10.2012 07:46 Uhr

Die Juden in der Ukraine sind bestürzt. Bei der Wahl am Sonntag bekam die rechtsradikale Swoboda-Partei rund zehn Prozent der Stimmen und zieht damit erstmals ins Parlament ein. Vor fünf Jahren schafften es die Nationalisten nur auf 0,7 Prozent. Diesmal konnte Swoboda vor allem bei Protestwählern punkten, die ihrem Frust über die pro-russische Partei der Regionen von Präsident Viktor Janukowitsch Luft machen wollen.

russland Die jüdischen Gemeinden im Land haben bislang keine offiziellen Erklärungen zu den Wahlen abgegeben. Doch will sich Alexej Bazalej über Swobodas Wahlerfolg äußern. Der 33 Jahre alte Mann engagiert sich in der jüdischen Gemeinde in Kiew und nimmt an Diskussionsrunden über Fremdenfeindlichkeit teil. »Ich verstehe, dass viele Ukrainer sauer auf Janukowitsch sind, weil sie fürchten, dass Russland zu viel Einfluss gewinnt«, sagt Bazalej. Er sei verärgert, dass ausgerechnet die Vaterland-Partei von Julia Timoschenko eine Allianz mit Swoboda gebildet hat und im Parlament mit den Nationalisten koalieren will.

»Swoboda ist eine ausländerfeindliche und antisemitische Partei«, warnt Andreas Umland, Politologe an der Kiewer Mohyla-Akademie. Parteivorsitzender Oleh Tjahnybok provoziert seit Jahren mit nationalistischen Parolen: Die Ukraine werde von einer »jüdisch-russischen Mafia« regiert, pöbelte er 2004 und handelte sich damit ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung ein. Juri Michaltschin, Swoboda-Kandidat in Lemberg, lobte in einer Rede den Hamas-Terror gegen Israel. Solche Methoden müsse man auch in der Ukraine anwenden, sagte er.

Im Wahlprogramm droht Swoboda mit der Verstaatlichung »strategischer« Unternehmen, zudem sollen Ausländer keine Mehrheiten an ukrainischen Banken besitzen und keinen Grundbesitz erwerben dürfen. Swoboda verehrt die Ukrainische Aufständische Armee (UPA), die im Zweiten Weltkrieg eine Zeit lang mit den deutschen Besatzern kollaboriert hatte.

patriotismus Die meisten Wähler der Swoboda leben im Westen der Ukraine. Dort stimmten in einigen Gegenden mehr als 50 Prozent der Wähler für die Rechtsradikalen. Im Oblast Ternopil hält Swoboda 34 Prozent der Sitze im Regionalparlament, im Stadtrat von Lemberg ist sie mit 25 Prozent vertreten. »Parteien wie Swoboda nutzen die patriotischen Gefühle vieler Westukrainer aus«, erklärt Politologe Umland. Aber nicht alle Wähler seien antisemitisch und fremdenfeindlich, betont er. Die Partei gibt sich teilweise pro-europäisch und verführt damit einen Großteil der Wähler.

Das glaubt auch Roman Gold, Mitarbeiter der ukrainischen Webseite Jewish News. »Swoboda missbraucht das Nationalgefühl der Ukrainer«, sagt Gold. Er unterstütze Künstler und Schriftsteller, die sich für die ukrainische Identität stark machen. »Patriotismus hat nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun.«

New York

Ex-Krypto-König Bankman-Fried soll für 25 Jahre ins Gefängnis

Noch vor zwei Jahren wurde Sam Bankman-Fried als Finanzgenie und Galionsfigur einer Zukunftswelt des Digitalgelds gefeiert. Nun soll er als Betrüger mehr als zwei Jahrzehnte hinter Gittern verbringen

von Andrej Sokolow  28.03.2024

Interview

Der Medienschaffer

Der Ausnahmejournalist und Unternehmer Roger Schawinski über Erfolg, Judenhass und den 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  28.03.2024

Nachruf

Joe Lieberman stirbt mit 82 Jahren

Fast ein Viertel Jahrhundert lang setzte er sich als Senator auch für jüdische Belange ein

von Imanuel Marcus  28.03.2024

USA

Bildhauer Richard Serra gestorben

Für mehr als 100 öffentliche Orte schuf er Skulpturen – von Philadelphia und St. Louis bis Bochum und Kassel

 27.03.2024

Moskau

Evan Gershkovich bleibt in Untersuchungshaft

Putin will den inhaftierten US-Journalisten gegen russische Gefangene auszutauschen

 26.03.2024

Glosse

Woher stammt der Minderwertigkeits-komplex vieler Schweizer gegenüber Deutschen?

Und was verbindet die Identitätskarte mit der Rappenspalterei?

von Nicole Dreyfus  25.03.2024

Schweiz

Antisemitismus-Problem an Schulen

Die Zahlen sind erschreckend, doch die Stadt Bern wiegelt ab. Und jüdische Eltern verlieren das Vertrauen

von Nicole Dreyfus  24.03.2024

Großbritannien

»Beste Wünsche für eine Refua Schlema«

Oberrabbiner Sir Ephraim Mirvis und das Board of Deputies wenden sich nach ihrer Krebsdiagnose an Prinzessin Kate

 24.03.2024 Aktualisiert

Jubiläum

Mehr als koscheres Pastrami-Sandwich

New York feiert in diesem Jahr seinen 400. Geburtstag. Eine Reise durch die jüdische Geschichte der Stadt

von Hannes Stein  23.03.2024