Schweiz

Handelskette gegen Israel

Nahost-Konflikt im Warenkorb: Migros gibt vor, »politisch korrekt« zu handeln. Foto: dpa

Die kurze Mitteilung findet sich gut versteckt auf Seite 7 des »Migros-Magazins« in der Ausgabe von vergangener Woche: »Migros deklariert Produkte aus israelischen Siedlungen«, lautet die arglos wirkende Überschrift.

Doch dahinter verbirgt sich ein Streit, der in der Schweiz inzwischen hohe Wellen schlägt: Die Supermarktkette Migros möchte in Zukunft politisch korrekt vorgehen und will deshalb ab 2013 genau unterscheiden zwischen Produkten aus dem israelischen Kernland und den besetzten Gebieten Westjordanland sowie Ostjerusalem.

Derzeit arbeiten sich Israelfreunde und -gegner an der verkündeten Absicht ab: Auf der einen Seite stehen unter anderem »Aktivisten« der Israel-Boykottfront, denen die Maßnahme nicht weit genug geht. Auf der anderen Seite kommt scharfe Kritik vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG), der sich in Sachen Nahostpolitik sonst eher zurückhaltend äußert, und von der israelischen Botschaft. Sie brandmarkt die geplante Kennzeichnung als »einseitig« und als eine Art feindlichen Akt gegenüber dem jüdischen Staat und seiner Wirtschaft.

Gesetz Bei alledem wird fast vergessen, dass Migros per Gesetz dazu verpflichtet ist, die Kennzeichnung einzuführen, auch wenn der Discounter für die Beschriftung an sich selbst nicht verantwortlich ist. Die Zürcher Händler haben kürzlich ein entsprechendes Schreiben des Berner Bundesamtes für Gesundheit erhalten, aus dem hervorgeht, dass bei »systematischer Falschdeklaration« gar eine Strafanzeige droht.

Auch wenn Migros also argumentieren kann, man vollziehe hier nur das, was das Gesetz vorschreibt, und zudem etwas, das beim Hauptkonkurrenten Coop auch schon eingeführt sei, bleibt ein Nachgeschmack. Denn nicht schlüssig erklären kann die Unternehmensleitung, warum strengere Maßstäbe nur auf Israel angewandt werden sollen.

Dies kritisiert auch Sara Stalder, die Geschäftsführerin der einflussreichen Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz. Vielleicht auch deshalb hat sich Migros inzwischen zur etwas gewundenen Erklärung durchgerungen, man prüfe zurzeit, »ob und wenn ja welche Produkte wir aus anderen völkerrechtlich im Fokus stehenden Ländern beziehen«.

Lob Was den Streit noch verschärft, ist die Tatsache, dass das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz (Heks) Migros’ Kennzeichnungspolitik begrüßt. In der Neuen Zürcher Zeitung schaltete Heks eine ganzseitige Anzeige, in der es »die liebe Migros« für den »mutigen ersten Schritt« lobt.

Spendengelder für derartige politische und teure Inserate dürften selbst bei manchen Heks-Sympathisanten Fragen aufwerfen. An der israelfeindlichen Haltung gewisser kirchlicher Kreise wird das aber wohl nur wenig ändern.

Frankreich

Umfrage: Mehrheit gegen sofortige Anerkennung Palästinas

Laut einer repräsentativen Befragung unterstützt nur ein Drittel der Franzosen das Vorgehen von Präsident Emmanuel Macron, der kommende Woche einen »Staat Palästina« anerkennen will

 19.09.2025

Großbritannien

Der grüne Populist

Zack Polanski ist der neue Chef der Grünen. Möglicher Partner: ausgerechnet Jeremy Corbyn

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  18.09.2025

Belgien

Grabschändung am Todestag

Das Grab des jüdischen Politikers Jean Gol in Lüttich wurde genau 30 Jahre nach seinem Tod geschändet. Gols Tochter sieht einen eindeutigen Zusammenhang zum Nahostkonflikt

 18.09.2025

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025