Österreich

Gewalt in Serie

Propalästinensische Parole an der Synagoge Foto: Verfügbar für Kunden mit Rechnungsadresse in Deutschland.

Österreich

Gewalt in Serie

Innerhalb weniger Tage verübt ein islamistischer Täter drei Anschläge auf die Jüdische Gemeinde Graz und ihren Vorsitzenden

von Stefan Schocher  27.08.2020 09:44 Uhr

Erst Schmierereien, dann ein eingeschlagenes Fenster, schließlich ein direkter tätlicher Angriff: Nur knapp entging der Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, am Samstagabend einem Mann, der ihm, mit einem Holzknüppel und einem Betonbrocken bewaffnet, vor der Synagoge aufgelauert hatte. Elie Rosen konnte sich in sein Auto retten.

Am Tag darauf wurde dann ein Verdächtiger gefasst: Ein 31-jähriger Mann aus Syrien, der seit 2013 in Österreich lebt. Anscheinend hatte er in der vergangenen Woche eine ganze Serie von Angriffen und Vandalenakten verübt: auf ein Rotlicht-Etablissement, das Lokal eines LGBT-Vereins, auf eine Kirche sowie auf die Synagoge. Er war geständig. In seinem Rucksack hatte er Steine und einen Holzknüppel.

Solidarität Die Angriffe auf die Jüdische Gemeinde haben in der südösterreichischen Stadt – aber nicht nur dort – eine Welle der Solidarität ausgelöst. Bereits in der Nacht zum Sonntag versammelten sich Bürger bei strömendem Regen zu einer Mahnwache vor der Synagoge.

Zugleich äußerten sich Politiker, darunter auch Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen, öffentlich zu den Angriffen. »Judenhass und Antisemitismus haben keinen Platz in unserer Gesellschaft«, so Van der Bellen.

Am Sonntag versammelten sich schließlich rund 200 Menschen in Graz zu einer Solidaritätskundgebung. Mit dabei waren Lokalpolitiker aus fast allen Parteien: ÖVP, SPÖ, Grüne, die in Graz starke KPÖ, NEOS. Nicht dabei die FPÖ, die die Angriffe am Montag aber öffentlich verurteilte – ohne zu versäumen, den »politischen Islam« und damit Migration sowie das »linksradikale Spektrum« zu geißeln.

Antisemitismus »Ich habe immer betont, dass wir es mit einem Anstieg des Antisemitismus zu tun haben«, sagte Elie Rosen der Jüdischen Allgemeinen. In der Vergangenheit war Rosen immer wieder einer der lauten Wortführer gegen die Israel-Boykottbewegung BDS. Dabei hatte er sich in der Sache auch mit politischen Akteuren auf Landes- und auf Stadtebene angelegt. »Ich habe immer darauf hingewiesen, dass die BDS-Kampagne ein Wegbereiter des Antisemitismus ist«, so Rosen.

Das habe die Stadt Graz auch erkannt. Land und Stadt haben Anti-BDS-Resolutionen verabschiedet. Nur, so Rosen: »Die Verabschiedung ist das eine, die Umsetzung das andere.« Es gebe Personen in Graz, die in BDS »eine legitime Plattform der politischen Auseinandersetzung« sehen. Solche Personen dürften nicht in Gremien sitzen, die in die Sache involviert seien, fordert er.

Polizei Kritik wurde im Zuge der Ereignisse auch an der Polizei laut. Vor allem, da dem Angriff auf Elie Rosen zwei Attacken binnen weniger Tage vorangegangen waren und dennoch keine verstärkte Überwachung angeordnet wurde.

Eine solche versprach am Montag Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Alle Synagogen des Landes würden von nun an rund um die Uhr bewacht, so Nehammer.

Dabei ist die Polizei in nächster Umgebung der Synagoge in Graz offenbar selbst in einen Skandal verwickelt: Erst Anfang Juli begann ein Prozess gegen Beamte des Postens, der nur 200 Meter von der Synagoge entfernt liegt und für deren Objektschutz verantwortlich ist. Zwei Beamte sind in dem Verfahren wegen des Verbotsgesetzes angeklagt. Die Gruppeninspektorin R. soll an den Kollegen S. geschrieben haben: »Wie fandet ihr den Ausflug ins KZ? Atemberaubend!«

Ein Angeklagter dazu: In Polizeikreisen sei das »Usus«. Beim Fernsehen im Posten soll derselbe Angeklagte gesagt haben, als eine NS-Zeitzeugin auftrat: »Halt die Pappn, du alte Drecksau.« In seiner Wohnung wurde ein Pullover mit der Schwarzen Sonne, einem okkultistischen Symbol der SS, gefunden. Der Angeklagte dazu: Er sei ein Fan von Shakira – die Sängerin machte bei ihrer Tour 2018 Gebrauch von diesem Symbol. Der Name seines Hundes: Adolf.

Elie Rosen meint zu all dem, er vertraue den Sicherheitsbehörden. »Man gibt uns den besten Schutz« – davon sei er überzeugt, sagt er und warnt davor, »unvorsichtig zu sein und einen gesamten Apparat per se zu diskreditieren«.

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  18.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  18.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  18.11.2025

Mexiko

Antisemitisches Graffiti gegen Claudia Sheinbaum sorgt für Empörung

Die Worte »puta judía« wurden auf Gebäude des Obersten Gerichtshofs geschmiert. Die jüdische Gemeinschaft des lateinamerikanischen Landes verurteilt den sich immer wieder äußernden Judenhass

 17.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025

"Stiller & Meara"

Abschied von den Eltern

Leinwandstar Ben Stiller hat eine erstaunlich persönliche Doku über seine berühmte Familie gedreht

von Patrick Heidmann  16.11.2025

Jerusalem

Nach Streit: Zionistischer Weltkongress einigt sich

Zwei Wochen lang zogen sich die Verhandlungen in dem globalen jüdischen Gremium hin. Nun gibt es ein Abkommen, das der Mitte-links-Block als Sieg für sich wertet

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025