Spanien

Gemeines Wort

Antisemitismus manifestiert sich in Spanien hauptsächlich in verbaler Form. Noch immer gebe es Redewendungen, stellte der Dachverband Jüdischer Gemeinden Spaniens (FCJE) in einem Bericht vor gut einem Jahr fest, die sich in der Vorstellungswelt eingeprägt hätten. Jetzt sorgt der Streit um einen, wenn auch antiquierten volkstümlichen Ausdruck und sein Eintrag im Wörterbuch der Königlich Spanischen Akademie (Real Academia Española – RAE) für erneuten Zündstoff.

»Judiada« ist das Wort, an dem mehrere Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Valencia Anstoß genommen haben und in einem Brief an die Akademie dessen Entfernung aus dem Vokabular fordern. Die RAE ist für die Überwachung und Normierung der spanischen Sprache zuständig, und ihr Diccionario de la Lengua Española ist ein Standardwerk wie der Duden im deutschsprachigen Raum. Das »böse Wort« bedeutet so viel wie »Judenstreich« im Sinne von »Gemeinheit« und wird im Wörterbuch der Akademie als »schlechte Handlung, die tendenziös den Juden unterstellt wurde«, definiert.

Der Ausdruck manifestiert nach Ansicht des FCJE-Vorsitzenden Isaac Querub »eine negative Haltung gegenüber dem jüdischen Volk und ein Vorurteil, das gegen die Normen des guten Zusammenlebens verstößt«. Der Dachverband hat in der Vergangenheit bereits mehrfach, wenn auch erfolglos, gegen diesen wie auch andere Ausdrücke und Bräuche der Volkskultur interveniert.

widerlich Denn der sogenannte Volksmund ist in Spanien nicht zimperlich, wenn es um antisemitische Seitenhiebe geht. Davon berichtet auch José Manuel Pedrosa, Literaturdozent an der Universität von Alcalá de Henares und Experte für spanische Volkskultur. »Das ist ein widerlicher, früher sehr gebräuchlicher Ausdruck«, erklärt Pedrosa. »Heute wird er nicht mehr so oft benutzt, aber jeder kennt ihn.« Sein Großvater habe den Begriff »Judiada« noch häufig verwendet, aber wohl mehr aus Unwissenheit als wegen einer antisemitischen Einstellung, meint Pedrosa.

»Der Ausdruck ›Judiada‹ taucht gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf, im mündlichen Sprachgebrauch ist er möglicherweise aber wesentlich älter. 1837 wurde er erstmals im Wörterbuch der Akademie aufgenommen«, fasst Pedrosa zusammen. Ein Wörterbuch müsse den Sprachgebrauch zwar dokumentieren, sagt Pedrosa, aber es sollte auch eine Bewertung aus heutiger Sicht geben.

Das hat die Akademie mit der bisherigen Wortdefinition aber nicht getan, meint der FCJE-Vorsitzende Isaac Querub. »Das ist eines Wörterbuchs des 21. Jahrhunderts unwürdig«, schimpft dieser. Das Institut zur Beobachtung antisemitischer Tendenzen in Spanien hält den Ausdruck ebenfalls für ein Beispiel des Judenhasses, der sich durch die Geschichte zieht. So habe sich im vergangenen Jahr die Zahl der spanischen Internetseiten mit antisemitischen Inhalten mehr als verdoppelt.

Auch der Madrider Geschichtswissenschaftler José Manuel Laureiro, der sich als Nachfahre von Zwangskonvertiten für die Rechte der sogenannten Anusim einsetzt und antijüdische Traditionen in der spanischen Volkskultur untersucht hat, hält das Wort und seine Verwendung für einen Ausdruck von Antisemitismus.

Spottreime »Hier zeigt sich wieder einmal, dass die spanische Volksweisheit und Sprichwortkultur durch und durch judenfeindlich geprägt ist«. Laureiro hat eine erschreckende Ansammlung von antisemitischen Ausdrücken, Sprichwörtern, Spottreimen und Festtraditionen in Spanien zusammengetragen.

Die Gruppe um die Uni-Dozentin Raquel Amselem aus Valencia fordert unterdessen weiter die Entfernung des Wortes »Judiada« aus dem Wörterbuch der Königlich Spanischen Akademie. Eine Streichung komme nicht infrage, verlautete es dagegen aus Kreisen der RAE, denn schließlich habe das Wort Eingang in die Werke bedeutender spanischer Schriftsteller gefunden. Möglicherweise werde aber über eine Neudefinition des Wortes nachgedacht. Die 23. Auflage des im Jahr 1780 erstmals erschienenen Diccionario de la Lengua Española soll 2014 herauskommen.

Jerusalem

Lauder für fünfte Amtszeit als WJC-Präsident wiedergewählt

Vertreter aus mehr als 70 jüdischen Gemeinden weltweit waren zur Vollversammlung des Jüdischen Weltkongesses nach Jerusalem gekommen

 21.05.2025

Jerusalem

Mosche Kantor wieder Präsident des EJC

Priorität Kantors ist der Kampf gegen den Antisemitismus: »Wenn wir diesem wachsenden Hass nicht Einhalt gebieten, wird er das soziale Gefüge unserer Gesellschaften untergraben«, sagt er

 21.05.2025

Ehrung

Sami-Rohr-Preis für jüdische Literatur geht an Sasha Vasilyuk

Der Preis ist eine der höchstdotierten Literatur-Auszeichnungen Nordamerikas. Vasilyuks Gewinner-Roman spiegelt eine jüdische Familiengeschichte in den totalitären Wirren des 20. Jahrhunderts

 20.05.2025

Nahost

Meisterspion Eli Cohen: Mossad bringt Dokumente und Fotos von Syrien nach Israel

60 Jahre nach der Hinrichtung des Meisterspions in Damaskus liegen Briefe in seiner eigenen Handschrift an seine Familie und Fotos von seiner Tätigkeit in Syrien vor

 20.05.2025

Paju

Südkorea eröffnet Holocaust-Museum

»Das Gedenken an den Holocaust ist keine Wahl, sondern eine moralische Verpflichtung gegenüber den Opfern«, sagt der israelische Botschafter Rafi Harpaz bei der Eröffnung

 20.05.2025

Campus

Von der Zielscheibe zur Influencerin

Vor einem Jahr kämpfte die jüdische Studentin Tessa Veksler öffentlich gegen Antisemitismus an US-Universitäten. Sie wurde angegriffen – doch ihr Aktivismus hat ihr auch Türen geöffnet

von Katja Ridderbusch  18.05.2025

Yuval Raphael

»Dem Land eine Sekunde des Friedens zu schenken«

Die zweitplatzierte ESC-Sängerin sagte es sei erst dann ein wirklicher Sieg für sie, wenn Geiseln zuhause sind

 18.05.2025

Basel

Drei verletzte Polizisten

Die Beamten seinen mit Verdacht auf ein Knalltrauma ins Krankenhaus gebracht worden

 18.05.2025

ESC

Drinnen singt Israel, draußen fährt Wasserwerfer vor

Die Beamten gingen am späteren Abend von 500 Teilnehmenden am Protest aus

 17.05.2025