Italien

Gedenkmarathon

Foto: PR

Es ist das zweite Mal. Nach der Premiere vor einem Jahr in Rom lädt Italiens jüdische Dachorganisation UCEI am Sonntag, kurz nach dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, erneut zu einem Lauf, um der Opfer der Schoa zu gedenken.

Der »Run for Mem«, der diesmal in Bologna stattfindet, wird vom Europäischen Jüdischen Kongress (EJC) und dem Jüdischen Weltkongress (WJC) unterstützt. Er steht unter dem Motto »Rennen für die Erinnerung um der Zukunft willen« und soll ausdrücklich keinen Wettbewerbs­charakter haben.

Die Schirmherrschaft haben das italienische Ministerratspräsidium und die israelische Botschaft übernommen. Für die ersten 15 Anmeldungen von Jugendlichen aus kleineren jüdischen Gemeinden ist die Anreise kostenlos.

Parcours Die gesamte Bevölkerung ist eingeladen, an dem Parcours teilzunehmen, der an geschichtlich bedeutenden Orten vorbeiführt. Wie 2017 sind zwei verschiedene Runden geplant: eine rund zwölf Kilometer lange für Athleten sowie eine kleinere, nur etwa fünf Kilometer lange für jedermann.

Auf Bologna ist die Wahl vor allem wegen Arpad Weisz gefallen, einem ehemaligen jüdischen Fußballtrainer aus Ungarn. Er gewann zwischen 1935 und 1937 einmal mit Ambrosiana (heute Inter Mailand) und zweimal mit Bolognas Mannschaft die ita­lienische Fußballiga, entdeckte Talente wie Giuseppe Meazza und geriet nach den Rassengesetzen 1938 in Vergessenheit.

Weisz wurde mit seiner Frau Ilona und seinen – katholisch getauften – Kindern Clara und Roberto in die Flucht getrieben. Zuerst gingen sie nach Frankreich, dann weiter nach Holland, wo jedoch alle festgenommen und kurz darauf nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Weisz’ Frau und die beiden Kinder wurden drei Tage nach der Ankunft im KZ vergast, Weisz selbst musste Zwangsarbeit leisten, bevor im Januar 1944 auch er ums Leben kam.

Der einst bekannte Fußballtrainer geriet in Vergessenheit und wurde erst im Jahr 2007 durch ein Buch des Journalisten Matteo Marani wieder einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Inzwischen trägt eine Kurve des Fußballstadions in Bologna seinen Namen. Auch ein Comic von Matteo Matteucci und seit fünf Jahren ein Turnier zwischen den Fußballjugendmannschaften von Bologna, Milan und Inter Mailand erinnern an ihn. Seit dem 21. Januar ist im Jüdischen Museum Bologna eine Ausstellung über Arpad Weisz zu sehen.

Zum Gedenklauf werden am Sonntag auch die frühere italienische Marathonläuferin Franca Fiacconi sowie der Zeitzeuge Shaul Ladany erwartet. Der heute 81-Jährige überlebte die Schoa und gehört zu den wenigen israelischen Sportlern, die bei den Olympischen Spielen 1972 in München dem palästinensischen Terroranschlag nicht zum Opfer fielen.

In einem Interview erklärte Ladany kürzlich: »Sport ist hervorragend geeignet, um die Schoa einer breiten Bevölkerung in Erinnerung zu rufen: denen, die am Rennen teilnehmen, denen, die darüber in den Medien hören, und denen, die als Zuschauer das Rennen auf Straßen im Zentrum der Stadt sehen oder sonst miterleben. In Bologna werde ich in demselben Geist teilnehmen, den ich immer hatte: Wir sind hier, die Welt soll nie vergessen, und es soll nie wieder passieren!«

Route Start für die Läufer ist um elf Uhr auf der Piazza del Memoriale. Erstes Etappenziel wird das Kriegsdenkmal sein, das an den Partisanenkampf vom 7. November 1944 in Porta Lame erinnert. Weiter wird der Lauf am Monumentalfriedhof Certo­sa und am Denkmal für die Opfer des Holocausts sowie an der Gedenktafel für Arpad Weisz in der Nähe des Stadions vorbeiführen. Danach werden die Teilnehmer die kleine jüdische Schule in der Via Pietralata passieren.

Weiter geht es durch den Garten von Porta Saragozza mit dem Denkmal für die deportierten Homosexuellen, zur Via Mario Finzi, wo sich eine Gedenktafel für die deportierten Juden aus Bologna befindet, und zur Piazza Maggiore mit der Gedenktafel für die inhaftierten und deportierten Bürger. Ziel des Rennens, das von Networks Sky Sport live übertragen wird, ist das Jüdische Museum in der Piazza Porta Galliera.

»Ich glaube nicht, dass die Erinnerung an die Schoa durch die alljährliche Wiederholung des Gedenkens seine Bedeutung verlieren wird«, sagt Ladany. Um Bedeutung zu gewinnen, müsse man das schreckliche Geschehen der Öffentlichkeit immer wieder erzählen, damit daraus Schlussfolgerungen gezogen werden.

Sydney

Jüdische Bäckerei schließt wegen Antisemitismus

Nach Jahren der Anfeindungen und dem schwersten antisemitischen Anschlag auf australischem Boden hat eine beliebte jüdische Bäckerei für immer geschlossen

 18.12.2025

Strassburg

Glühwein und Kippa

In der selbst ernannten »Weihnachtshauptstadt« lebt eine traditionsbewusste jüdische Gemeinde. Wie passt das zusammen? Eine Reise zu koscheren Plätzchen und Pralinen mit »Jahresendgeschmack«

von Mascha Malburg  18.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Australien

Bericht: Die Heldentat von Ahmed Al-Ahmed sorgt auch in Syrien für Jubel

Die Berichterstattung über den »Helden von Sydney« hat auch dessen Heimatort erreicht und bringt Stolz in eine Trümmerlandschaft

 18.12.2025

Berlin

Ehrung von Holocaust-Überlebenden

Die »International Holocaust Survivors Night« ehrt jedes Jahr Überlebende der Schoah. Die virtuelle Veranstaltung hat sich inzwischen zu einer Feier entwickelt, an der Teilnehmende aus fast 20 Ländern mitwirken

 18.12.2025

Sydney

Abschied von jüngstem und ältestem Opfer

Ganz Australien trauert: Die 10-jährige Matilda und der 87-jährige Holocaust-Überlebende Alex Kleytman sind beerdigt worden

 18.12.2025

Faktencheck

Bei den Sydney-Attentätern führt die Spur zum IS

Nach dem Blutbad am Bondi Beach werden auch Verschwörungsmythen verbreitet. Dass der jüngere Attentäter ein israelischer Soldat sei, der im Gazastreifen eingesetzt wurde, entspricht nicht der Wahrheit

 17.12.2025

Analyse

Rückkehr des Dschihadismus?

Wer steckt hinter den Anschlägen von Sydney – und was bedeuten sie für Deutschland und Europa? Terrorexperten warnen

von Michael Thaidigsmann  17.12.2025

Nachruf

Albtraum in der Traumfabrik

Eine Familientragödie hat den Hollywood-Riesen und seine Frau aus dem Leben gerissen. An Rob Reiners Filmen voller Menschenliebe wie »Harry und Sally« ist eine ganze Generation mitgewachsen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.12.2025