Diplomatie

»Für beide Länder von Vorteil«

Serge Berdugo über den Ausbau der Beziehungen zwischen Israel und Marokko

von Michael Thaidigsmann  21.08.2021 22:01 Uhr

Serge Berdugo Foto: PR

Serge Berdugo über den Ausbau der Beziehungen zwischen Israel und Marokko

von Michael Thaidigsmann  21.08.2021 22:01 Uhr

Herr Berdugo, Israel und Marokko nehmen diplomatische Beziehungen auf. Welche Auswirkungen hat das auf die jüdische Gemeinschaft in Ihrem Land?
Wir sind über diese Entwicklung sehr erfreut. Es handelt sich um eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen, denn in den 90er-Jahren gab es ja bereits diplomatische Verbindungsbüros in Tel Aviv und Rabat. Und auch nach deren Schließung 2000 wurden die Beziehungen nie ganz eingestellt.

Sie waren vor 30 Jahren bereits Tourismusminister Marokkos. Erwarten Sie bald einen starken Anstieg der Touristenzahlen aus Israel?
Wir empfangen hier schon jetzt mehr als 40.000 israelische Besucher pro Jahr. Das sind Pilger, Touristen, die an den Hohen Feiertagen kommen, oder Menschen, die Familienangehörige besuchen wollen. Nach offiziellen Schätzungen wird – sobald die Pandemie vorbei ist – mit einem Zustrom von 200.000 israelischen Touristen jährlich gerechnet. Das wird eine echte Herausforderung für unsere kleine Gemeinschaft. Wir müssen ja auch zuverlässige koschere Lebensmittel anbieten. Aber wir werden unserer Verantwortung schon gerecht werden. Die Regierung hat vor Kurzem eine neue Verordnung erlassen, die der jüdischen Gemeinde in Marokko das ausschließliche Recht einräumt, das Koscherzeichen in allen Bereichen zu verwenden.

Werden auch nichtjüdische Marokkaner nach Israel reisen?
Geht man nach den vielen Anfragen, die wir erhalten, gibt es sicherlich eine Reihe muslimischer Touristen aus Marokko, die Israel bereisen wollen. Wie viele, das kann ich nicht sagen.

Vergangene Woche haben Sie bereits den israelischen Außenminister Yair Lapid in der Synagoge in Casablanca empfangen. Wie haben Sie dieses Treffen erlebt?
Der Minister wollte gern eine Synagoge in Marokko besuchen, und wir haben ihn im Beth El, der großen Synagoge Casablancas, empfangen. Während dieser bewegenden Zeremonie sprach der Rabbiner auch den Segen für König Mohammed VI. Wie alle Marokkaner haben wir es sehr geschätzt, dass der Minister sich bereit erklärt hat, an diesem Gebet teilzunehmen.

Gibt es in der Bevölkerung Unterstützung für enge Beziehungen zu Israel?
Ja, die große Mehrheit der Marokkaner steht dem positiv gegenüber. Sie ist der Meinung, dass das für beide Länder von Vorteil sein wird, im Hinblick auf die Wirtschaft und die Sicherheit, aber auch Kultur oder Gesundheitsversorgung. Die Menschen hier glauben, dass die Rückkehr Marokkos auf die Bühne des Nahen Ostens eine Gelegenheit ist, den Dialog für einen echten Frieden wiederaufzunehmen. Marokko kann ein glaubwürdiger und aufrichtiger Vermittler sein.

Das Interview mit dem Generalsekretär des Rates der jüdischen Gemeinden Marokkos führte Michael Thaidigsmann.

Spanien

Mallorca als Vorbild

Das Stadtparlament von Palma hat eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet – anders als der Rest des Landes

von Sabina Wolf  26.07.2024

Sport

Der Überflieger

Artem Dolgopyat ist in Israel ein Star. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann der Turner Gold, 2023 wurde er Weltmeister. Nun tritt er in Paris an

von Martin Krauß  26.07.2024

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Frankreich

»Man ist schließlich französisch«

Ganz Paris feiert die Olympischen Spiele. Ganz Paris? Nicht alle Juden fühlen sich vom erwünschten »Wir-Effekt« angesprochen. Denn das Land bleibt zerrissen

von Sophie Albers Ben Chamo  25.07.2024

USA

Die zweite Wahl?

Mit dem Rückzug von Joe Biden und der Kandidatur von Kamala Harris könnte das Rennen um die Präsidentschaft noch einmal richtig spannend werden

von Michael Thaidigsmann  24.07.2024

Jüdische Emigration

Die Niederlande - Ein Ort der Zuflucht für Juden?

Die Historikerin Christine Kausch nimmt das Leben jüdischer Flüchtlinge in den Blick

von Christiane Laudage  24.07.2024

Vor 80 Jahren

Von Rhodos nach Auschwitz

1944 wurden 2000 Jüdinnen und Juden von Rhodos nach Auschwitz deportiert. Nur wenige überlebten

von Irene Dänzer-Vanotti  23.07.2024

Jerusalem

Nach Gaza entführter Holocaust-Experte für tot erklärt 

Der Historiker Alex Dancyg ist in der Geiselhaft umgekommen

 22.07.2024