Schweden

Fünf Minuten mit …

Frau Sjöberg, Sie wurden in Israel geboren und sind mit einem Schweden verheiratet. Seit 30 Jahren leben Sie in Umeå, der Europäischen Kulturhauptstadt 2014. Was für ein Ort ist Umeå?
Es ist die größte Gemeinde Nordskandinaviens, eine junge, bunte Stadt. Das verdankt sie vor allem ihrer Universität und dem vielseitigen Angebot an Kunst und Kultur. In den vergangenen Jahren ist unsere Einwohnerzahl rasant gestiegen. Mittlerweile leben hier rund 117.000 Menschen. In Schweden gilt Umeå als Stadt der Birken und als Tor zum Norden.

Vor drei Jahren haben Sie die Jüdische Gesellschaft Umeå gegründet. Wie aktiv ist das jüdische Leben bei Ihnen, weitab von den großen Gemeindezentren Stockholm, Göteborg und Malmö?
Sehr lebendig! Wir haben zwar nur 50 Mitglieder, aber wir begehen zusammen alle jüdischen Feiertage, bieten Aktivitäten für Kinder und Kurse für Erwachsene an. Von den Möglichkeiten der großen Gemeinden Stockholm, Göteborg und Malmö sind wir jedoch weit entfernt, auch weil wir keine Synagoge haben.

Seit wann leben Juden in Umeå?
Die ersten jüdischen Familien kamen 1945 mit den »weißen Bussen« des Schwedischen Roten Kreuzes hierher. Die meisten waren Überlebende aus Deutschland, Polen, Ungarn und Tschechien.

Umeå ist aus Tradition links und alternativ. Mit dem Motto »Co-Creation« will die Kulturhauptstadt alle Bewohner ins Boot holen. Auch die Juden?
Die Veranstalter haben sich ganz klar für die Samen und Roma entschieden. Dort liegt der Fokus. Die samische Kultur ist sehr interessant und kommt in Europa gut an. Mit unserer Situation hingegen kann man hier nicht besonders punkten. So wie im südschwedischen Malmö kommt es auch hier regelmäßig zu antisemitischen Pöbeleien und Drohungen von muslimischer Seite. Und so wie in Malmö schauen die Behörden weg. Das ist sehr frustrierend.

Da wäre doch das Kulturhauptstadtjahr eine gute Gelegenheit, um auf diese Situation aufmerksam zu machen?
Das sehen die Behörden offenbar anders. Der Antisemitismus in Schweden ist ihnen unangenehm. Dass wir überhaupt Jüdisches ins Kulturhauptstadtprojekt einbringen dürfen, verdanken wir vor allem unserer Eigeninitiative.

An welchen Veranstaltungen ist die Jüdische Gesellschaft Umeå beteiligt?
Bislang an zweien. Die Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres fällt zeitlich etwa zusammen mit dem 27. Januar, dem Schoa-Gedenktag. Umeå macht auf diesen Tag aufmerksam – mit Workshops und Filmen für Schüler. Das ist eine Kooperation mit dem Stockholmer Museum für Lebendige Geschichte. Außerdem sind wir im Sommer beim Minderheitenfestival dabei – mit Konzerten, Folklore und Lesungen in Jiddisch.

Was empfehlen Sie Touristen in Umeå?
Umeå ist, anders als Stockholm, eine gemütliche Stadt. Sie hat für jeden etwas zu bieten: Museen, Parks, Architektur, Cafés, Musik und eine wunderschöne Umgebung. Kultur und Natur lassen sich also gut miteinander verbinden. Das Opernhaus ist sicherlich ein Highlight, der Skulpturenpark Umedalen auch, ebenso das Västerbottenmuseum. Besonders empfehle ich ausgedehnte Stadtspaziergänge. Dabei begegnet man überall der samischen Kultur. Sie prägt die Stadt bis heute. Schön sind auch die hellen Nächte im Juni, Ausflüge ans Meer und zu den Grotten. Obwohl ich aus Israel komme, habe ich die Hälfte meines Lebens in Umeå verbracht. Da gerät man schnell ins Schwärmen vor lauter »Heimatblindheit«.

Mit der schwedischen Kommunalpolitikerin sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025