Interview

Fünf Minuten mit …

Viktor Orbán Foto: Martin Fejer

Herr Orbán, man bezeichnet Ungarn als das antisemitischste Land der EU. Was sagen Sie zu dieser Behauptung?
Sie verletzt unseren Nationalstolz. Wir sind keine Antisemiten. Ungarn ist das einzige Land in Europa, in dem es bis heute eine große jüdische Gemeinde von Alteingesessenen gibt, die hier seit Jahrhunderten zu Hause ist. Jüdische Familien, die den Holocaust überlebt haben, und Ungarn, die mit den Nazis kollaborierten, wohnen hier Tür an Tür. Das schafft mehr Probleme als in anderen Ländern, wo die jüdischen Gemeinden vor allem aus Zuwanderern bestehen. Meiner Meinung nach kümmern wir uns sehr um die jüdische Gemeinde.

Aber in keinem anderen EU-Land fordert ein Abgeordneter der drittgrößten Partei im Parlament, jüdische Beamte auf Listen zu erfassen.
Wir haben eine rechtsextreme Partei im Parlament, die bei den letzten Wahlen 17 Prozent der Stimmen erhielt. Wenn ich im Parlament bin und Jobbik-Abgeordnete Inakzeptables sagen, dann erkläre ich immer eindeutig, dass wir diese Positionen ablehnen. Für unsere Politik gilt: null Toleranz gegenüber Antisemitismus. Die einzige politische Kraft in diesem Land, die die extreme Rechte stoppen kann, sind die Christdemokraten. Wir blockieren die Antisemiten. Ich sage meinen jüdischen Freunden immer: Wenn Sie ein sicheres Leben hier in Ungarn haben wollen, sollten Sie uns unterstützen. Wir garantieren echte Sicherheit, Freiheit und Menschenwürde.

Wie gefährlich ist die Jobbik-Partei für die Demokratie in Ungarn?
Sie ist eine echte Bedrohung, und wegen der Wirtschaftskrise nimmt sie zu. In Europa neigt man dazu, einen Sündenbock zu suchen – dies sind keine guten Nachrichten für die Juden. Wir Ungarn müssen äußerst wachsam sein und dieses Problem sehr ernst nehmen. Wenn wir die Demokratie schützen wollen, müssen wir standhaft sein gegenüber Jobbik. Diese Partei schafft eine Politik, die sich deutlich gegen die Menschenwürde der Juden richtet, als Individuen und als Gemeinschaft.

Nächstes Jahr wird in Ungarn wieder gewählt. Können Sie sich vorstellen, mit der Unterstützung von Jobbik eine Regierung zu bilden?
Nein.

Auch nicht in Form einer Minderheitsregierung?
Ich habe nie eine Minderheitsregierung geführt und werde es auch nie tun, denn es ist nicht gut für die Demokratie. Wenn ich keine Mehrheit bekomme, dann soll jemand anderes eine Regierung bilden. Und wenn niemand in der Lage dazu ist, sollte es Neuwahlen geben.

Was kann man im Rahmen der Verfassung tun, um Jobbik zu stoppen?
Der Staat muss seine Bürger schützen. Die Meinungsfreiheit ist sehr wichtig für die Demokratie, aber wenn Meinungsfreiheit und Menschenwürde miteinander in Konflikt geraten, ist die Position unserer Regierung sehr deutlich. Wir haben uns eine neue Verfassung gegeben, die einzigartig ist in Europa. Sie garantiert den Respekt für religiöse und ethnische Gruppen. Darauf sind wir stolz.

Mit dem ungarischen Ministerpräsidenten sprach Eldad Beck.

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Meinung

Die Columbia und der Antisemitismus

Ein neuer Bericht offenbart: An der US-Eliteuniversität sind die Nahoststudien ideologisch einseitig und jüdische Studenten nicht sicher. Es ist ein Befund, der ratlos macht

von Sarah Thalia Pines  22.12.2025

Frankreich

Jüdische Kinder vergiftet, aber Antisemitismus spielt keine Rolle

Ein Kindermädchen, das ihre jüdischen Arbeitgeber vergiftet hatte, wurde nun in Nanterre verurteilt - allerdings spielte ihr Antisemitismus im Urteil keine Rolle. Das sorgt für Protest

 22.12.2025

Australien

Gedenken am Bondi Beach – Forderung nach Aufklärung

Kerzen, Schweigen, Applaus und Buh-Rufe: Am Strand in Sydney trauern Tausende um die Opfer des Anschlags. Was die jüdische Gemeinde und Australiens Politik jetzt fordern

 22.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Sydney

Jüdische Bäckerei schließt wegen Antisemitismus

Nach Jahren der Anfeindungen und dem schwersten antisemitischen Anschlag auf australischem Boden hat eine beliebte jüdische Bäckerei für immer geschlossen

 18.12.2025

Strassburg

Glühwein und Kippa

In der selbst ernannten »Weihnachtshauptstadt« lebt eine traditionsbewusste jüdische Gemeinde. Wie passt das zusammen? Eine Reise zu koscheren Plätzchen und Pralinen mit »Jahresendgeschmack«

von Mascha Malburg  23.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Australien

Bericht: Die Heldentat von Ahmed Al-Ahmed sorgt auch in Syrien für Jubel

Die Berichterstattung über den »Helden von Sydney« hat auch dessen Heimatort erreicht und bringt Stolz in eine Trümmerlandschaft

 18.12.2025