Interview

Fünf Minuten mit

Frau Spera, Sie sind seit zwei Jahren Direktorin des Jüdischen Museums Wien. Woran erkennt man heute Ihre Handschrift?
Es ist mir gelungen, beide Standorte des Museums neu zu positionieren, zu renovieren und technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Das Museum präsentiert sich jetzt als offenes Haus, in dem jüdisches Leben aus einer ganz neuen Perspektive erfahrbar wird. Die erste große Ausstellung »Bigger than Life. 100 Jahre Hollywood« hat national und international für ein beachtliches Medienecho gesorgt.

Wann steht die neue Dauerausstellung?
Wir arbeiten seit Beginn meiner Amtszeit daran. Unser Konzept steht. Einen Schwerpunkt wird dabei nicht nur die große Wiener jüdische Geschichte mit all ihren Brüchen darstellen, sondern auch die Zeit von 1945 bis heute. Eine Herausforderung ist für uns allerdings das Raumproblem, da wir nur über ein relativ kleines Haus verfügen. Wir werden die neue Dauerausstellung nächstes Jahr zum 25. Geburtstag des Museums eröffnen.

Welche Aufgabe hat ein Jüdisches Museum in Österreich?
Vor allem wollen wir ein Bewusstsein für die jüdische Geschichte, Religion und Kultur schaffen. Wir leben ja in einer Stadt, die für ihre Gegensätzlichkeit berühmt ist. Es gab hier im 19. Jahrhundert einen großen Optimismus in der jüdischen Gemeinde, der schließlich von einem immer krasseren Antisemitismus begleitet wurde. Nach der Schoa entstand aus einer zerstörten Gemeinde wieder neues Leben, entgegen jeglicher Erwartung. Die heutige Gemeinde ist klein, aber sehr lebendig und farbenfroh. Da gibt es vieles zu erzählen, zu verstehen, zu ordnen und zurechtzurücken.

Ihren Amtsantritt begleiteten Zweifel, dass Sie hier als Medien-, aber nicht als Museumsprofi das nötige Know-how mitbringen. Wie sind Sie damit umgegangen?
Mit Zweiflern konfrontiert zu sein, gehört zu den quasi natürlichen Begleiterscheinungen, wenn man in einen Beruf »quereinsteigt«. Wichtig ist, dass man selbst von den wichtigen Qualitäten überzeugt ist, die man mitbringt und dann auch mit guter Arbeit die anderen davon überzeugen kann. Das ist mir gelungen.

Von anderen Museumsdirektoren kam Kritik, als beim Abbau der bisherigen Dauerausstellung die Hologramme zu Bruch gingen, welche die Geschichte des Judentums in Wien illustrierten. Wären Sie aus heutiger Sicht anders vorgegangen?
Diese Frage stellt sich so nicht, da ich ja auch damals nicht wollte, dass sie zu Bruch gehen. Dass es passiert ist, tut mir leid.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit anderen jüdischen Museen?
Es gibt einen regen wissenschaftlichen und künstlerischen Austausch. Mir ist die Zusammenarbeit mit allen kultur- und kunsthistorischen Institutionen, jüdisch oder nichtjüdisch, wichtig. In Wien habe ich einen »Circle of Female Directors« ins Leben gerufen, da erfreulicherweise viele Museen von Frauen geleitet werden.

Und wie sieht die internationale Kooperation aus?
Wir arbeiten mit vielen Museen eng zusammen. Das hat sich in den vergangenen zwei Jahren intensiviert, sei es in Israel, den Niederlanden oder auch den USA. Derzeit ist eine Schau von uns in Argentinien, eine andere in Südtirol zu sehen. Nächstes Jahr eröffnen wir eine Ausstellung in Tel Aviv, außerdem arbeiten wir daran, die Hollywood-Ausstellung nach Los Angeles zu bringen.

Mit der Direktorin des Jüdischen Museums Wien sprach Alexia Weiss.

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Sydney

Jüdische Bäckerei schließt wegen Antisemitismus

Nach Jahren der Anfeindungen und dem schwersten antisemitischen Anschlag auf australischem Boden hat eine beliebte jüdische Bäckerei für immer geschlossen

 18.12.2025

Strassburg

Glühwein und Kippa

In der selbst ernannten »Weihnachtshauptstadt« lebt eine traditionsbewusste jüdische Gemeinde. Wie passt das zusammen? Eine Reise zu koscheren Plätzchen und Pralinen mit »Jahresendgeschmack«

von Mascha Malburg  18.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Australien

Bericht: Die Heldentat von Ahmed Al-Ahmed sorgt auch in Syrien für Jubel

Die Berichterstattung über den »Helden von Sydney« hat auch dessen Heimatort erreicht und bringt Stolz in eine Trümmerlandschaft

 18.12.2025

Berlin

Ehrung von Holocaust-Überlebenden

Die »International Holocaust Survivors Night« ehrt jedes Jahr Überlebende der Schoah. Die virtuelle Veranstaltung hat sich inzwischen zu einer Feier entwickelt, an der Teilnehmende aus fast 20 Ländern mitwirken

 18.12.2025

Sydney

Abschied von jüngstem und ältestem Opfer

Ganz Australien trauert: Die 10-jährige Matilda und der 87-jährige Holocaust-Überlebende Alex Kleytman sind beerdigt worden

 18.12.2025

Faktencheck

Bei den Sydney-Attentätern führt die Spur zum IS

Nach dem Blutbad am Bondi Beach werden auch Verschwörungsmythen verbreitet. Dass der jüngere Attentäter ein israelischer Soldat sei, der im Gazastreifen eingesetzt wurde, entspricht nicht der Wahrheit

 17.12.2025

Analyse

Rückkehr des Dschihadismus?

Wer steckt hinter den Anschlägen von Sydney – und was bedeuten sie für Deutschland und Europa? Terrorexperten warnen

von Michael Thaidigsmann  17.12.2025