Nachruf

Fromm und weltoffen

Edouard Selig sel. A. Foto: Justin Hession

Nachruf

Fromm und weltoffen

Zum Tod des Schweizer Verlegers Edouard Selig

von Yizhak Ahren  12.11.2020 08:02 Uhr

Edouard (Jizchak) Selig war ein vielseitiger und tatkräftiger Jude, der die Menschen liebte und bemerkenswert viel geleistet hat.

Zehn Kinder zogen er und seine Frau groß, und als Religionslehrer in Zürich und später in Basel führte er zahlreiche Schülerinnen und Schüler in die Welt des gesetzestreuen Judentums ein. In den letzten Jahren war Edouard Selig Bibliothekar der Israelitischen Gemeinde Basel.

Ämter In verschiedenen Organisationen arbeitete er in leitender Position mit, so in der Geschäftsleitung des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, im Verband der jüdischen Lehrer und Kantoren sowie im Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen.

Der fromme und weltoffene Mann engagierte sich auch im interreligiösen Gespräch. Um bestehende Vorurteile von Nichtjuden über das jüdische Leben abzubauen, hielt er bei Synagogenführungen Vorträge. Die Fragen der Besucher beantwortete er sachkundig und mit Humor.

Einen Namen im gesamten deutschsprachigen Raum machte sich Selig als Verleger religiöser Bücher. Weil ihm aufgefallen war, wie dürftig der deutschsprachige jüdische Buchmarkt ist, ergriff er im Sinne der bekannten Mischna »Wo es an Männern fehlt, da bemühe dich, ein Mann zu sein« die Initiative, um die Lücke zu schließen: So brachte sein Verlag Morascha mehr als 30 Jahre lang regelmäßig neue Bücher heraus und bereicherte damit das Leben vieler Menschen in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich.

Einen Namen im gesamten deutschsprachigen Raum machte sich Selig als Verleger religiöser Bücher.

Morascha veröffentlichte den Siddur Schma Kolenu und schön aufgemachte Machsorim zu den Feiertagen, die heute in manchen Gemeinden verwendet werden. Außerdem legte Edouard Selig eine Reihe klassischer Werke neu auf, die man nur noch in Antiquariaten erwerben konnte, so den Pentateuch-Kommentar von Rabbiner Joseph Herman Hertz (1872−1946). Besonders setzte sich Selig für die Schriften des Frankfurter Rabbiners Samson Raphael Hirsch (1808−1888) ein. Im Interesse der heutigen Leser ließ er die alte gotische durch eine moderne Schrift ersetzen.

Übersetzungen Bei Morascha erschienen auch einige Übersetzungen mittelalterlicher und moderner Werke ins Deutsche, so Sefer Hachinuch aus dem 13. Jahrhundert, Das jüdische Jahr von Elijahu Kitov sowie mehrere Werke des erst kürzlich verstorbenen israelischen Rabbiners Adin Steinsaltz.

Auch neue deutschsprachige Bücher verlegte Selig, unter anderem meine Artikelsammlung Tora-Leben (1993). Oft ging es ihm dabei weniger um ein lohnendes Geschäft als um die religiösen Themen, von denen in den Büchern die Rede ist.

Bei seinem letzten Besuch in Israel erzählte mir Edouard Selig vor nicht allzu langer Zeit, dass er nach der Pensionierung einige weitere Buchprojekte angehen wolle. Leider ist der verdienstvolle Verleger am 4. November im Alter von nur 65 Jahren nach einer kurzen, schweren Krankheit gestorben. Sein Andenken sei zum Segen!

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025

Österreich

»Geschichte wurde schon immer politisiert«

Die US-Historikerin Sarah Abrevaya Stein über Gier, Künstliche Intelligenz und den Baron-Wissenschaftspreis

von Stefan Schocher  09.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  09.07.2025